Süddeutsche Zeitung

Versandhandel:Warum Otto früh auf Nachhaltigkeit setzte

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Michael Otto, langjähriger Chef der Otto Group, hat schon in den 80er-Jahren bei seinem Versandhandel Umweltschutz zum Unternehmensziel gemacht. Jetzt schickt er einen Appell an die Ampel-Parteien.

Von Michael Kläsgen

Heute ist das Thema Nachhaltigkeit einer der Megatrends in Deutschland und der Welt. So ziemlich alle Unternehmen hierzulande geben vor, in ihrem Tun auf die Folgen für die Umwelt zu achten. Bei nicht allen ist das immer durchweg glaubwürdig. Aber es gibt auch solche, die ziemlich früh, jedenfalls viel früher als allgemein bekannt, damit angefangen haben, den Schutz von Mensch und Natur in die Arbeitsprozesse zu integrieren: die Otto Group zum Beispiel.

Der internationale Handelskonzern mit Sitz in Hamburg erklärte schon 1986 den Umweltschutz zum offiziellen Unternehmensziel und handelte auch danach. Michael Otto, 78, der das Unternehmen von 1981 bis 2007 führte und noch heute Aufsichtsratsvorsitzender ist, sagt beim SZ-Wirtschaftsgipfel, die Überzeugung, damit das Richtige zu tun, sei schon sehr früh in ihm gereift. Der Weckruf sei im Grunde der Bericht des Club of Rome aus dem Jahr 1972 über die Grenzen des Wachstums gewesen.

Michael Otto nennt ein paar Beispiele, welche Prozesse das Familienunternehmen schon damals Schritt für Schritt auf Ökologie ausrichtete. Pelze und schädliche Lacke nahm es aus dem Sortiment. In den Neunzigerjahren begann es, umweltgerechte Textilien wie Bio-Baumwolle zu fördern. Auch die CO₂-Emissionen beim Transport reduzierte die Gruppe nach und nach und stellte die Fracht weitgehend vom Luft- auf den Schiffsverkehr um. Zum Unternehmensziel wurde auch, sich für menschenwürdige Produktionsweisen bei den Zulieferern einzusetzen.

"Jeder muss bei sich selbst anfangen, jeder Bürger, aber auch jeder Unternehmer", sagt Michael Otto. Nicht immer hätten damals alle Handelskollegen nur verständnisvoll auf die ökologische Ausrichtung der Firma geschaut. "Ich habe schon gemerkt, dass sie mich ein bisschen als Exoten angesehen haben."

Inzwischen habe sich aber ein Bewusstseinswandel auch bei den Unternehmen vollzogen. Natürlich gebe es auch Greenwashing. Aber: "Ich habe den Eindruck, dass jetzt jedermann verstanden hat, dass es so nicht weitergehen kann. Dass dringender Handlungsbedarf besteht", sagt Michael Otto. Es gehe nicht mehr darum, ob wir es machen, sondern wie schnell wir es machen. "Es gibt keinen Weg mehr zurück." Zudem hätten viele Unternehmen begriffen: "Wenn wir jetzt vorn dabei sind bei der Klimaneutralität, dann haben wir auch einen großen Wettbewerbsvorteil."

Als Vorsitzender des Präsidiums der Stiftung Zwei Grad, der alle wichtigen Industrien in Deutschland angehören, habe er nach der Bundestagswahl ein Schreiben an die Spitzenvertreter von SPD, Grünen und FDP geschickt. Darin habe die Stiftung "sehr klar aufgezeigt", wie jetzt die Politik die Rahmenbedingungen setzen müsse, damit die Unternehmen die Ziele der Klimaneutralität erreichen. Darauf habe er sehr positive Resonanz von Olaf Scholz, Annalena Baerbock und Christian Lindner erhalten. "Und jetzt heißt es natürlich, dass die Vorstellungen auch mit in das Koalitionsprogramm kommen. Das müssen wir jetzt abwarten." Man sieht, Ottos Engagement, das vor Jahrzehnten begann, ist längst nicht zu Ende.

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