Süddeutsche Zeitung

Übernahmeangebot:Osram-Führung stimmt Verkauf an Investor zu

Lesezeit: 2 min

Nach nur sechs Jahren Eigenständigkeit wird eine der bekanntesten deutschen Industriefirmen voraussichtlich an US-Finanzinvestoren verkauft: Vorstand und Aufsichtsrat des Münchner Beleuchtungsherstellers Osram sprechen sich dafür aus, das vor dem Ersten Weltkrieg gegründete Traditionsunternehmen für knapp 3,4 Milliarden Euro an die zwei US-Geldhäuser Bain Capital und Carlyle zu verkaufen. Das teilte Osram mit. Die Aktionäre müssen noch zustimmen, die Frist läuft bis Ende September. Bedingung ist, dass die Eigentümer von 70 Prozent der Osram-Anteile zustimmen.

"Bain und Carlyle sind für Osram die richtigen Partner zur richtigen Zeit", erklärte Vorstandschef Olaf Berlien. Die zwei US-Firmen sicherten zu, die Standorte "der wesentlichen Unternehmensbereiche" und Arbeitsplätze zu erhalten und Neuinvestitionen zu unterstützen. Betriebsrat und IG Metall hatten schon im Februar langfristige Zusagen eingefordert, um eine Zerschlagung der ehemaligen Siemens-Tochter zu verhindern.

Sofern auch die Osram-Aktionäre dem Milliardendeal zustimmen, werden Bain Capital und Carlyle sämtliche der knapp 96,86 Millionen Osram-Anteile für einen Preis von 35 Euro je Aktie übernehmen. Der Vorstand will auch die von Osram selbst gehaltenen 2,66 Millionen Aktien an die US-Amerikaner verkaufen. Möglich wird die geplante Übernahme wohl nur, weil Osram inzwischen weniger als halb so viel wert ist wie noch Anfang 2018: Damals kostete eine Aktie noch fast 80 Euro.

Osram-Investoren machen weitreichende Versprechen

Bain Capital und Carlyle bekennen sich Osram zufolge zur bestehenden Strategie mit dem Fokus auf optische Halbleiter, Automobil und digitale Anwendungen. Bei dem von Berlien begonnenen Konzernumbau wollen sie den Angaben zufolge eng mit dem heutigen Vorstand zusammenarbeiten. Die Investoren sagten zu, Wachstumsprojekte, Akquisitionen und Investitionen in Produktentwicklungen zu unterstützen. Osram behalte seinen Sitz in München und die Rechte an seinen Patenten.

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern würden nicht angetastet. Der paritätisch besetzte Lenkungsausschuss bleibe bestehen. Zudem sollen die Standorte der "wesentlichen Unternehmensbereiche" unverändert bleiben. Einig seien sich Bain, Carlyle und Osram aber auch darüber, dass das Marktumfeld "flexibles Handeln" erfordere. Ein Sprecher der IG Metall kündigte eine Stellungnahme für Freitag an.

Carlyle hat seinen Sitz in der US-Bundeshauptstadt Washington DC und verwaltet 222 Milliarden Dollar Vermögen, die etwa halb so große Bain Capital hat 105 Milliarden Dollar Finanzanlagen in den Büchern stehen und sitzt in Boston.

Das vor dem Ersten Weltkrieg gegründete Traditionsunternehmen Osram wird damit voraussichtlich zum zweiten Mal seine Eigenständigkeit verlieren - und zwar in einem Abstand von ziemlich exakt 100 Jahren: 1919 hatte Siemens Osram übernommen und die Zügel bis zum Börsengang 2013 in der Hand behalten.

In den vergangenen sechs Jahren Selbstständigkeit hat Osram sehr schwierige Zeiten durchlaufen. Der technologische Wandel in der Beleuchtungsindustrie hat das Unternehmen hart getroffen. Die Glühbirne, die einst den Werbespruch "Osram - hell wie der lichte Tag" inspirierte, ist längst Geschichte. Der größte Teil des Geschäfts mit traditionellen Leuchtmitteln wurde 2016 an einen chinesischen Konzern verkauft. Osram produziert heute hauptsächlich LEDs und Optoelektronik, Hauptabnehmer sind die Auto- und Elektronikindustrie.

Das Kaufangebot der Finanzinvestoren jedenfalls beflügelte bei Anlegern die Hoffnungen auf Mitnahmegewinne. Von Mittwoch- bis Donnerstagnachmittag legte die Osram-Aktie an der Frankfurter Börse um fast vier Euro von gut 29 auf knapp 32,50 Euro zu, ein Anstieg von mehr als zehn Prozent. Zwischenzeitlich hatten die Papiere des Münchner Beleuchtungsherstellers sogar noch deutlich höher notiert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4512698
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/rtr/bix
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.