Süddeutsche Zeitung

Online-Versand von Lebensmitteln:Deutsche Post will Essen verschicken

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Kühl und frisch soll alles sein. Die Deutsche Post will bis 2015 flächendeckend Lebensmittel ausliefern. Doch die Menschen zögern, ihre Zutaten fürs Abendessen online zu bestellen.

Von Caspar Busse

Es gibt schon eine ganze Reihe von Anbietern, doch richtig durchgesetzt hat es sich bisher in Deutschland noch nicht: das Online-Bestellen von Lebensmitteln. Die meisten Kunden wollen besonders die frische Ware sehen, sie anfassen, bestehen auf prompte Lieferung. Nach Schätzungen werden in Deutschland erst 0,2 Prozent aller Lebensmittel im Internet bestellt, in Großbritannien dürften es drei bis fünf Prozent sein. Jetzt plant die Deutsche Post DHL den Einstieg in großem Stil.

"Der Lebensmittelversand ist gewissermaßen der Mount Everest der Privatkundenlogistik", meint Andrej Busch, der das deutsche Paktgeschäft bei dem ehemaligen Monopolisten verantwortet. "Wir versuchen gerade, diesen Berg zu erklimmen", sagt er, und kündigte in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung an, künftig flächendeckend im Ruhrgebiet Lebensmittel auszuliefern. Das Problem: Die Lebensmittel müssen kostengünstig, kühl und frisch zu den Kunden kommen. Dazu lässt die Post nun ihre Paketzusteller Extra-Schichten fahren.

Die Kunden können dabei zwischen zwei Lieferzeiten nach Feierabend wählen: Zwischen 18 Uhr und 20 Uhr oder zwischen 20 Uhr und 22 Uhr. Die Lieferung erfolgt laut Post in der Regel am Tag der Bestellung. Seit Mai läuft dazu ein Pilotversuch in Köln. Täglich habe es "mehrere Dutzend Bestellungen" gegeben, sagte eine Post-Sprecherin. Die Erfahrungen seien positiv, die Kunden bestellten nach.

Nun wird der Versuch auf das Ruhrgebiet ausgedehnt. Zehn zusätzliche Zusteller sind dafür angeheuert worden. Im Herbst wird der Service möglicherweise auch in Berlin angeboten, im kommenden Jahr dann sukzessive in weiteren deutschen Ballungsräumen. Bis zum Jahr 2015 soll der Service in allen größeren Städten verfügbar sein, in ländlichen Gebieten ist dagegen offenbar der Aufwand zu groß. Zielgruppe sind junge Familien und ältere Kunden, die nicht mehr selbst ihre Supermarkt-Einkäufe nach Hause tragen wollen oder können.

Harte Konkurrenz, niedrige Margen

Die Bestellungen können unter anderem bei Rewe-online aufgeben werden. Die Deutsche Post ist auch selbst aktiv, mit der Tochterfirma Allyouneed.com. Hier werden von einem Bestellwert in Höhe von 40 Euro die Kosten übernommen. Im Oktober hatte der Bonner Konzern die Mehrheit an dem Onlinehändler übernommen. Die Ware wird von der Post in Plastiktüten in gekühlten Mehrwegboxen geliefert. Diese Boxen würden dann vom Zusteller auch wieder mitgenommen. "Unser Ziel ist es, dem Lebensmittelversand in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen", sagt Post-Manager Busch.

Nicht alle sind so überzeugt, dass sich der Markt rasant entwickeln wird. "Das ist ein sehr, sehr schwieriges Geschäft und kann sehr schnell sehr, sehr hohe Verluste produzieren", warnte jüngst etwa Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub. Hier werde es kein großes Wachstum für den Lebensmittel-Einzelhandel geben, glaubt er. Die Logistik sei sehr schwierig und teuer. Die Supermarktketten Kaisers und Tengelmann unterhalten in vielen Städten den sogenannten "Bringmeister"-Service, eine Art Lieferdienst.

Die Lage im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel ist ohnehin schwierig: Die Konkurrenz ist hart, die Margen sind niedrig. Gleich mehrere Discounter-Ketten wie Lidl, Aldi, Netto und Penny kämpfen um Marktanteile. Die Preise für Lebensmittel sind im europaweiten Vergleich in Deutschland gering - fragt sich, ob sich dann aufwendige Lieferangebote rechnen. Die Post hofft zumindest, dass ihre neuen Abendzusteller möglicherweise dann auch andere Pakete ausliefern können.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2013
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