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Neuer ESM-Chef Klaus Regling:Er soll die Euro-Rettung managen

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Hätten Griechenland und andere auf ihn gehört, wären sie heute womöglich nicht auf die Hilfe der europäischen Steuerzahler angewiesen: Als designierter ESM-Chef muss Klaus Regling demnächst die Sünden der Euro-Länder ausbaden, vor denen er einst warnte.

Alexander Hagelüken

Diese Beförderung hat eine ironische Note. Als erster Chef des permanenten Rettungsschirms ESM muss Klaus Regling in Zukunft Geld für klamme Euro-Staaten auftreiben. Das ist ein Job, den es wohl gar nicht gäbe, wenn Europas Regierungen früher auf den 61-jährigen Deutschen gehört hätten.

Es war Regling, der um die Jahrtausendwende als Brüsseler Generaldirektor Finanzen die Euro-Staaten drängte, die Defizitgrenze von drei Prozent einzuhalten. Hätten sich Griechenland und andere daran gehalten, wären sie heute womöglich nicht auf die Hilfe der europäischen Steuerzahler angewiesen.

Regling selbst tritt diese Ironie nicht breit, da sie wie Kritik an Staaten wirken würde, mit denen er zusammenarbeiten muss. Schon seit 2010 leitet der in Lübeck geborene Ökonom den Rettungsschirm EFSF. Der ESM, der Kredite für eine halbe Billion ausreichen kann, erweitert seine Machtfülle noch.

Regling platziert am internationalen Kapitalmarkt Anleihen, die Einnahmen gehen an angeschlagene Euro-Staaten als Kredit. Damit Regling das Geld bekommt, bürgen die Euro-Regierungen in unterschiedlicher Form für die Kredite. Wenn Griechenland und Co. nicht zurückzahlen, haften also die Steuerzahler.

Effizient und geräuschlos

Regling wird geschätzt, weil er ebenso effizient wie geräuschlos agiert. Seit er Europas Rettungseinsatz managt, sind keine Showdowns mit einflussreichen Akteuren aktenkundig geworden, obwohl es durchaus Enttäuschungen gab.

Das war schon immer so, ob in seiner Zeit beim Internationalen Währungsfonds oder unter Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), wo der Sohn eines SPD-Bundestagsabgeordneten die Regeln für die Währungsunion mitentwarf. Auch später als rechte Hand des Brüsseler Währungskommissars agierte Regling meist im Hintergrund.

Wenn seine Überzeugungen auf dem Spiel stehen, verlässt er aber auch die Deckung. Zum Beispiel 1999, als der neue Finanzminister Oskar Lafontaine mit Schulden die Konjunktur stimulieren wollte. Regling desertierte zu einem Londoner Hedgefonds. Ähnlich prominent verhielt er sich 2002/2003, als die rot-grüne Bundesregierung erstmals (seine) Euro-Defizitregeln brach - und ein hartes Strafverfahren verhinderte.

Regling machte aus seiner Missbilligung kein Hehl. Dafür erntete er scharfe Kritik des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), der den Kurs des "Waigel-Manns" schmähte, wie er Regling nannte. Am Ende siegte Schröder, die Regierungen weichten die Defizitregeln auf - aus heutiger Sicht ein fatales Signal.

Regling bemerkt heute selbstkritisch, bei der Konstruktion des Euro in den 90er Jahren habe auch er einige Risiken unterschätzt. Über Kinder sagt Regling, der selbst Vater ist: "Das erste Jahrzehnt mit ihnen ist einfach, das zweite schwierig, aber dann wird alles besser." Das Problem: Der Euro steckt mitten im zweiten Jahrzehnt. Regling wird das noch zu spüren bekommen.

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Quelle:
SZ vom 31.12.2012
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