Süddeutsche Zeitung

Nach Stracke-Rückzug:Strategievorstand Sedran soll neuer Opel-Chef werden

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Der angeschlagene Autohersteller Opel bekommt einen neuen Chef - als aussichtsreichster Kandidat gilt der bisherige Strategievorstand Thomas Sedran. Die Erwartungen an ihn sind hoch: General Motors verlangt eine harte Umsetzung des Sanierungsplans. Gleichzeitig bauen Bundesregierung und IG-Metall Druck auf.

Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) drängt auf eine schnelle entscheidung: Fünf Tage nach dem überraschenden Rückzug von Karl-Friedrich Stracke soll der Aufsichtsrat schon an diesem Dienstag einen neuen Vorstandschef wählen. Als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge des wegen Erfolglosigkeit gescheiterten Stracke gilt Strategievorstand Thomas Sedran.

Sedran ist erst seit April Vorstandsmitglied, kennt die Adam Opel AG aber aus seiner früheren Job als Unternehmensberater sehr gut. Im Jahr 2009 schickte GM Sedran zu Opel, da stand das Unternehmen gerade zum Verkauf. Der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna zeigte damals noch Interesse, auch ein chinesisches Unternehmen und der Fiat-Konzern boten mit. Zeitgleich verhandelte Opel mit der Bundesregierung um Kredite, mit den Gewerkschaften um Lohnverzicht und mit der amerikanischen Mutter um eine Zukunft unter neuer Leitung. Das Ende der Gespräche ist bekannt: GM entschied sich um und behielt Opel.

Sedran soll damals im Hintergrund die Richtung vergegeben haben, berichtete die Financial Times Deutschland. Doch für wen er das tat - für Opel oder GM -, wussten Beobachter nicht zu sagen. Obwohl er von GM engagiert wurde, galt er Opel-Aufsichtsräten als "loyal". "Sedran wird von allen Seiten akzeptiert", betonte ein Insider am Montag. Auch die Opel-Händler haben ihre Unterstützung signalisiert.

Wenig Chancen werden dem Vernehmen nach Opel-Produktionsvorstand Peter Thom eingeräumt. Der Engländer, der zu Jahresbeginn mit Sparplänen von Werk zu Werk reiste, dürfte für die Arbeitnehmer nicht tragbar sein. Sie warfen ihm seinerzeit vor, die Standorte gegeneinander ausspielen zu wollen.

Wer auch immer den Posten bekommt - er soll den Autobauer nur kommissarisch leiten, bis extern ein geeigneter Kandidat für eine Dauerlösung gefunden wird. Mit nur 15 Monaten im Amt musste Stracke seinen Job noch schneller wieder abgeben, als sein Vorgänger Nick Reilly.

Nachfolger soll härter durchgreifen

Beobachter erwarten, dass die US-Mutter General Motors bei der defizitären deutschen Tochter einen Nachfolger einsetzen wird, der härter durchgreift als Stracke. Der glücklose Manager hatte sich mit den Arbeitnehmern darauf verständigt, bis 2016 auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Wie das Handelsblatt am Montag berichtete, klaffte in Strackes Sanierungsplan ein Loch in dreistelliger Millionenhöhe. Als GM-Boss Dan Akerson dies erfahren habe, habe er Stracke kurzerhand vor die Tür gesetzt.

Am Sonntag hat dann auch noch ein zweiter Top-Manager bei dem Autobauer hingeworfen: Der für Regierungsbeziehungen verantwortliche Volker Hoff wolle neue berufliche Herausforderungen annehmen, sagte Opel-Sprecher Harald Hamprecht am Sonntagabend und bestätigte damit entsprechende Medienberichte. "Wir haben unterschiedliche Auffassungen über die Art und Weise, wie mit Regierungen und Verbänden kommuniziert wird", sagte Hoff der Bild-Zeitung. Deshalb habe man sich im gegenseitigen Einvernehmen getrennt. Sein Weggang habe aber nichts mit dem Rückzug Strackes zu tun. Hoff war 2010 als Manager zu Opel gekommen. Zuvor war der CDU-Politiker von 2006 bis 2009 in Hessen Minister für Bundes- und Europa-Angelegenheiten.

Bundesregierung ermahnt GM

Wie es mit Opel nun weitergeht, ob der von Stracke vorgestellte Sanierungsplan eingehalten wird und die Jobs bei dem Autobauer tatsächlich bis mindestens 2016 erhalten bleiben - das ist vorerst offen. Die deutsche Regierung hat vorsichtshalber schon eine Mahnung Richtung GM abgegeben. Man gehe davon aus, dass sich der Mutterkonzern an Absprachen halte, die mit den Opel-Beschäftigten gemacht worden seien, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Gespräche mit GM gebe es allerdings nicht.

Die IG Metall hat vor der Opel-Aufsichtsratssitzung die Erwartung bekräftigt, dass auch ein neuer Unternehmensvorstand sich an die bisherigen Vereinbarungen halten wird. GM habe "nirgends signalisiert", dass man sich nicht an die bisher getroffenen Vereinbarungen halten werde, hieß es aus Gewerkschaftskreisen.

Auf dem Spiel stehen 38.000 Arbeitsplätze, sie hängen davon ab, wie radikal die Sanierungspläne von GM umgesetzt werden. Und wie lange Opel noch durchhält. Denn Insidern zufolge könnte dem Autobauer bald das Geld ausgehen. Der von GM gewährte Finanzrahmen betrage zwei bis 2,5 Milliarden Euro. Entweder werde dieser Kreditrahmen ausgeweitet oder Opel sorge dafür, dass der Rahmen reiche. Andernfalls droht die Pleite.

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