Süddeutsche Zeitung

Cum-Ex-Geschäfte:Maple-Bank-Eigentümer zahlen ihren Anteil der Beute zurück

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Die Mehrheitseigentümer der insolventen Maple Bank haben sich mit dem Fiskus geeinigt: Sie zahlen Gewinne aus Cum-Ex-Geschäften zurück.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Auf den zweifelhaften Ruhm, zu dem ihre Bank gekommen ist, hätten die kanadischen Eigentümer wohl gern verzichtet. Wenig Geschäft, eine kleine Bilanz, im Logo ein grünes Ahornblatt: Die Maple Bank war ein Frankfurter Institut in der Hand kanadischer Investoren, eine eigentlich unbedeutende Bank, die kaum jemand kannte. Fast drei Jahre nach ihrem Aus aber sorgt sie regelmäßig für Aufsehen, sie steht für eine besonders aggressive Form des Cum-Ex-Aktienhandels zulasten des Fiskus, bei dem sich das Geldhaus zuvor nicht gezahlte Steuern vom Staat erstatten ließ. Sechs frühere Manager der Bank und ein ehemaliger hochrangiger Steueranwalt von Freshfields sind inzwischen wegen schwerer Steuerhinterziehung am Landgericht Frankfurt angeschuldigt.

Für die Eigentümer der Maple Bank ist der Fall des insolventen Instituts dagegen relativ glimpflich ausgegangen - und für den Steuerzahler offenbar auch. Die Mehrheitsgesellschafter haben sich noch vor dem Jahreswechsel mit dem Fiskus geeinigt und zahlen freiwillig eine nicht exakt bezifferte zweistellige Millionensumme an die Finanzbehörden in Frankfurt zurück. Die den Gesellschaftern zuzurechnenden Gewinne aus Cum-Ex-Geschäften sind dem Vernehmen nach damit abgegolten.

Die Maple Bank war seinerzeit unter den Rückforderungen der Finanzämter zusammengebrochen und musste im Frühjahr 2016 einen Insolvenzantrag stellen. Auch mit dem Insolvenzverwalter Michael Frege haben sich die drei früheren Haupteigentümer nun geeinigt. Sie zahlen im Rahmen eines Vergleichs eine nicht näher benannte Summe. Frege bestätigte, es sei ein Vergleich mit den Gesellschaftern geschlossen worden, mit welchem "sämtliche Rechtsansprüche erledigt" seien, äußerte sich aber nicht zu Details.

Der ebenfalls liquidierte Dachkonzern der Bank, die Maple Financial Group, gehörte zu knapp 25 Prozent der kanadischen National Bank, zu etwa 28 Prozent Ontario Teachers' Pension Plan (OTPP), einem Pensionsfonds für Lehrer im Bundesstaat Ontario, und zu etwa 29 Prozent der Investorenfamilie Chan aus Vancouver. Der Rest war in der Hand früherer Geschäftsführer und weiterer Investoren. Ein Sprecher des OTPP teilte mit, man habe direkt nach Bekanntwerden der Vorwürfe den Dialog mit den Behörden gesucht. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt habe im Zuge ihrer Ermittlungen nichts Belastendes gegen den OTPP gefunden. Trotzdem zahlt der Fonds: Die Steuerbehörden in Deutschland hätten eine "freiwillige Zahlung akzeptiert", die der Berechnung aller Gewinne aus dem verdächtigen Aktienhandel von Maple-Angestellten entspreche.

Gleiches gilt für die National Bank. Nach Gesprächen mit den deutschen Behörden habe man im November 7,7 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt, teilte die Bank unter Verweis auf eine Quartalsmitteilung von Dezember mit. Die Investmentfirma Sax Finance, in der die Chan-Familie ihre Maple Anteile hielt, war dem Vernehmen nach ebenfalls an der Einigung mit Behörden und Insolvenzverwalter beteiligt.

Cum-Ex steht für einen der größten Steuerskandale der deutschen Geschichte. Aktiengeschäfte mit (cum) und ohne (ex) Dividende brachten Banken, Aktienhändlern und deren Handlangern innerhalb weniger Monate zweistellige Renditen ein, mit Geld vom Staat: Sie ließen sich Steuern auf Kapitalerträge doppelt oder gar mehrfach erstatten. Die Maple Bank trieb es besonders wild, handelte weitgehend zwischen konzerneigenen Gesellschaften und stellte sich laut Anklage ihre Steuerbescheinigungen selbst aus. Ein Schaden von 388 Millionen Euro soll entstanden sein, der zum Teil schon aus anderen Quellen beglichen worden ist. Zwei frühere Banker sitzen inzwischen in Untersuchungshaft, der Freshfields-Anwalt kam vor Weihnachten unter Auflagen frei.

Sollte es zum Prozess in Frankfurt kommen, wären die Mehrheitseigentümer der Bank dabei außen vor. Eine Szenerie wie am Landgericht Bonn wird es in diesem Fall also nicht geben. In der Bundesstadt findet der erste Strafprozess wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften statt. Zwei Banker sind angeklagt, und mit ihnen sitzen Anwälte von fünf Banken und Finanzfirmen vor Gericht, die womöglich für den entstandenen Schaden haften müssen, weil sie an den Geschäften beteiligt waren. Für sie geht es um knapp 400 Millionen Euro. Der Vorsitzende Richter hat angedeutet, er halte in ihrem Fall eine sogenannte Einziehung von Vermögen für wahrscheinlich.

Wer sich rechtzeitig mit dem Fiskus einigt, der kommt womöglich günstiger davon - so wie jetzt die Maple-Gesellschafter. Für einige frühere Manager der Bank, die auch Gesellschafter des Instituts waren, könnte es indes noch teuer werden. Sie haben sich weder mit dem Insolvenzverwalter, noch mit den Behörden geeinigt.

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SZ vom 15.01.2020
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