Süddeutsche Zeitung

Lufthansa:Lufthansa will nicht mehr für Kraniche zahlen

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Von Jan Schmidbauer

Er hat etwas Erhabenes, er steht für Ausdauer und Eleganz. Es ist also leicht nachzuvollziehen, dass die Lufthansa nicht irgendeinen Vogel als Wappen- und Werbetier durch die Welt trägt, sondern einen Kranich. Der majestätische Zugvogel begleitet die Fluggesellschaft und ihre Vorgänger-Unternehmen schon seit fast 100 Jahren, in guten Zeiten, und auch in schweren. Er war dabei als vor drei Jahren eine 747 im Tiefflug über Berlin rauschte, um den vierten Weltmeistertitel der Nationalmannschaft zu feiern. Er prangte aber auch auf dem Leitwerk der "Landshut", die im Herbst 1977 von Terroristen entführt wurde.

Bislang war die Beziehung zwischen Airline und Zugvogel nicht nur eine symbolische. Die Lufthansa setzt sich seit vielen Jahren auch für den Schutz lebendiger Kraniche ein, die in manchen Regionen der Erde bedroht sind.

Doch genau damit soll nun Schluss sein. Die Lufthansa will kein Geld mehr für den Schutz der Kraniche ausgeben. Zum Jahresende stellt sie die Zahlungen an das einzige große Kranich-Schutzprojekt in Deutschland ein - nach mehr als 26 Jahren. Die Fluggesellschaft begründet das mit einer "strategischen Neuausrichtung" ihres gesellschaftlichen Engagements. Die Entscheidung sei "nicht leicht gefallen". Man widme sich aktuell jedoch verstärkt sozialen und humanitären Themen, teilte die Airline mit.

Für das Naturschutzprojekt in Mecklenburg-Vorpommern sind das äußerst schlechte Nachrichten. Dem Kranich-Informationszentrum in Groß Mohrdorf bei Stralsund, dessen Betreiber sich in ganz Deutschland für den Schutz der Tiere engagieren, bricht ein Drittel des Haushalts weg. Die Nabu-Tochter "Kranichschutz Deutschland", die das Infozentrum betreibt, erfuhr im Frühjahr von den Plänen der Lufthansa. Im Juni schickte die Airline dann einen Brief - und machte ihren Rückzug offiziell.

Für das Naturschutzprojekt sei die Situation "kritisch". Die Förderung durch die Lufthansa sei "ein wesentlicher Baustein" gewesen, sagt Geschäftsführer Günter Nowald. Bislang förderte sie das Projekt mit mindestens 150 000 Euro pro Jahr. Die Umweltschützer versuchen nun, etwa 3000 private Spender zu mobilisieren. Nur so könne der Betrieb in seiner jetzigen Form weiter laufen.

Den Optimismus hat Nowald allerdings nicht verloren. Es sei momentan eine gute Zeit, um Spender zu finden, sagt er. Momentan halten sich etwa 10 000 Kraniche in Vorpommern auf. Und schon in wenigen Wochen rechnet er mit weiteren 60 000 Tieren, die auf ihrem Weg von Skandinavien in den Süden Rast machen. Dem Infozentrum bringt das viele Besucher - und potenzielle Spender.

Und wer weiß: Vielleicht engagiert sich die Lufthansa ja irgendwann wieder für den Schutz der Zugvögel. Nowald hofft zumindest, dass der Kontakt zur Airline nicht abreißt. Das wäre ja auch ganz im Sinne der Kraniche. Denn diese, so lernt man, sind nicht nur elegant und ausdauernd, sondern auch sehr treue Wesen. "Kraniche, die sich einmal verpaart haben", sagt Nowald, "bleiben meist ein Leben lang zusammen."

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Quelle:
SZ vom 21.09.2017
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