Süddeutsche Zeitung

Luftverkehr:Lufthansa-Aktionäre stimmen für Kapitalerhöhung

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Die Fluggesellschaft hofft darauf, Staatshilfen schnell zurückzahlen zu können. Doch vieles hängt davon ab, wie schnell sich der Sektor nach der Corona-Pandemie erholt.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley hat, wie er sich erinnert, in seinem eng mit der Luftfahrt verbundenen Berufsleben schon ein paar Krisen erlebt: Die Ölkrise in den 70er Jahren, der erste Golfkrieg, die Anschläge vom 11. September 2001. Ereignisse dieser Art hätte Lufthansa heute "auf der linken Pobacke abgesessen", wie Kley den Aktionären bei der Hauptversammlung erklärte. Aber Corona? Ohne staatliche Hilfen wäre eine Insolvenz "nicht vermeidbar gewesen."

Bekanntlich hat Lufthansa Zusagen für insgesamt neun Milliarden Euro aus vier Ländern bekommen und dafür unter anderem den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) mit 20 Prozent als größten Anteilseigner akzeptieren müssen. Bekannt ist auch, dass Kley staatliche Aktionäre ungefähr so gern hat wie den jeweiligen Gegner seines geliebten 1. FC Köln. Und so hat er mit Freude vernehmen können, dass die Aktionäre dem Unternehmen eine Kapitalerhöhung genehmigten, mit deren Hilfe die Lufthansa die Staatshilfen schnell zurückzahlen will.

Von den insgesamt 6,8 Milliarden Euro, die der deutsche Staat in unterschiedlicher Form zur Verfügung gestellt hat, hatte Lufthansa zwischenzeitlich 2,3 Milliarden gezogen, aber mittlerweile eine Milliarde wieder zurückgezahlt. Denn: "Lufthansa hat wieder Zugang zum Kapitalmarkt." Wie groß die Kapitalerhöhung ausfallen wird und wann sie stattfinden wird, das ließ das Unternehmen offen. Laut Konzernchef Carsten Spohr ist beides "noch nicht entschieden," hängt aber vor allem vom weiteren Verlauf der Krise ab. Gemäß der Bedingungen muss Lufthansa aber das eingenommene Geld überwiegend zur Rückzahlung der Staatshilfen und der Auslösung der stillen Beteiligungen des Bundes in Höhe von 5,5 Milliarden Euro verwenden. Von den 5,5 Milliarden hat Lufthansa bislang nur eine Milliarde, die sogenannte stille Beteiligung II, in Anspruch genommen. Sie erwägt zudem, zusätzlich 1,5 Milliarden aus der stillen Beteiligung I zu ziehen, da diese nur bis Ende des Jahres zur Verfügung steht, so Finanzchef Remco Steenbergen.

Mit dem Votum der Aktionäre im Rücken hat Lufthansa nun mehr Spielraum bei der Finanzierung. Für dieses Jahr rechnet Spohr zwar nur mit rund 40 Prozent der Vorkrisenkapazität und weiteren Verlusten, doch 2022 soll es dann steil nach oben gehen, zumal es nun doch große Fortschritte bei den Impfkampagnen in den Schlüsselmärkten gibt und die Entwicklungen in den USA zeigen, welcher Reiseboom ansteht, wenn die Passagiere nicht mehr um ihre Gesundheit fürchten müssen.

Wegen der Corona-Krise gibt es im Moment Maschinen zu günstigen Preisen

Die Freiräume nutzt Lufthansa auch wieder für Investitionen in die Flotte. Der Aufsichtsrat genehmigte am Vorabend der Hauptversammlung dem Vorstand, zehn zusätzliche Langstreckenflugzeuge zu kaufen. Dabei handelt es sich um jeweils fünf Maschinen des Typs Boeing 787-9 und Airbus A350-900. Für Lufthansa haben die Bestellungen mehrere Vorteile: Angesichts der Corona-Krise gibt es im Moment Maschinen zu unschlagbar günstigen Preisen. Mit ihnen kann Lufthansa zehn ältere und unwirtschaftlichere Maschinen der Typen A340 oder Boeing 747-400 schneller ausmustern, auch wenn das Langstreckengeschäft im kommenden Jahr wieder deutlich anzieht und ein Großteil der Flotte wieder reaktiviert wird. Das macht sich sowohl bei den Kosten als auch in Sachen Umwelt gut.

Außerdem konnte die Fluggesellschaft bei den Herstellern nicht nur beim Preis Konzessionen herausschlagen: bereits vor Jahren bestellte 20 Maschinen des Typs 787-9 werden nun über einen längeren Zeitraum als geplant ausgeliefert. Und eine ältere Airbus-Bestellung für 43 A350 wird im drei Flugzeuge verkleinert.

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