Süddeutsche Zeitung

Linux im Auswärtigen Amt:Belebende Konkurrenz

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Das Auswärtige Amt und andere Behörden setzen auf das unabhängige Betriebssystem Linux - aus gutem Grund. Doch ausgerechnet die IT des Bundestags humpelt noch hinterher.

Mirjam Hauck

Genügend Sympathisanten und vor allem Wählergruppen für die SPD zu mobilisieren, fällt Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier im Moment nicht gerade leicht. Andererseits färbt auf einen Bundesminister stets das Image seines Hauses ab.

Und im Falle Steinmeiers ist das eher positiv: Das Auswärtige Amt genießt traditionell einen besseren Ruf als die verordnungslastigen Finanz- oder Gesundheitsministerien. Das Außenamt steht auch bei einem wichtigen Teil der Computerinteressierten in exzellentem Ruf - bei den Linux-Enthusiasten.

Denn auf den Rechnern aller Ministeriumsmitarbeiter läuft das freie Betriebssystem. Auf den Rechnern sei zwar parallel auch Windows XP installiert, für Linux aber sprächen "sicherheitsrelevante Gründe", heißt es im Projektbericht der für die IT des Außenamtes zuständigen Bundesstelle für Informationstechnik.

So könne man zum Beispiel bei einer Virusattacke von Windows auf Linux umstellen - wenn nicht sowieso schon damit gearbeitet wird. Auf beiden Plattformen sind ohnehin die gleichen Programme verfügbar: Der Internetbrowser Firefox, Thunderbird für Mail, WebDAV und Samba zum Überspielen von Dateien, die Büroprogramm-Sammlung Open Office und eine Handvoll Fachanwendungen.

Bundestags-IT humpelt hinterher

Die IT-Abteilung hatte bereits seit 2003 unter Steinmeiers Amtsvorgänger Joschka Fischer gute Erfahrungen mit Linux-Servern in Berlin und den Botschaften gemacht. Darum lag es nahe, auch auf den Büro-PCs die lizenzkostenfreie Software zu installieren.

Deutsche Diplomaten sind nicht die Einzigen, die mit freier Software arbeiten. Auch die Mitarbeiter der Bundeszentrale für politische Bildung und die des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik sind damit ausgestattet.

Martin Schallbruch, IT-Leiter der Bundesregierung, sieht den Vorteil der freien Software aber nicht allein bei der Sicherheit: "Es ist vor allem die Unabhängigkeit vom Hersteller, die uns veranlasst hat, diesen Weg zu gehen."

Erst die Wahlmöglichkeit fördere den Wettbewerb und erzeuge die gewünschte Vielfalt. Schallbruch zufolge gibt der Bund drei Milliarden Euro im Jahr für alle Rechner, Server, Programme und Wartungsarbeiten aus; rechnet man Länder und Kommunen mit ein, sind es stolze 17 Milliarden Euro.

Die Bundestags-IT in Berlin humpelt dem Trend zu mehr Wettbewerb hinterher: Die 611 Abgeordneten haben auf ihren Rechnern seit 2003 Windows XP installiert. Dazu stehen Microsofts Office 2007, der freie Browser Firefox und das E-Mail-Programm Thunderbird zur Verfügung.

Entschieden wird dies von der IuK-Kommission des Ältestenrates im Bundestag. Im Haushalt sind für 2009 18,7Millionen Euro eingeplant, um die Mitglieder des Bundestages "mit angemessener IT-Technik" auszustatten.

Nach der Bundestagswahl steht laut Claus Hinterleitner, Pressereferent des Bundestags, aber wohl ein Wechsel des Betriebssystems an. Ob es Windows 7 von Microsoft oder Linux wird, ist allerdings noch offen.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2009
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