Süddeutsche Zeitung

Künstler:Er sprühte für Scheichs und Michael Jackson

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Nach der Wende verlor der DDR-Künstler Ingolf Kühn ein Vermögen. Dann entdeckte er die Airbrush-Technik - und begeisterte Prominente aus der ganzen Welt.

Von Thomas Öchsner und und Steffen Uhlmann

Ingolf Kühn, 63, hat eine ehemalige Schnapsbrennerei am Rande der City von Cottbus zu seinem Kunst- und Wohnhaus gemacht. An den Wänden hängen in Großformat seine grellen abstrakten Bilder - und ein Sammelsurium von Fotos: Kühn mit Michael Jackson, Kühn mit dem weltberühmten Zauberer-Duo Siegfried und Roy, mit Peter Maffay oder Heiner Lauterbach.

Ingolf Kühn wuchs in der DDR auf. Er machte eine Ausbildung zum Heizungsmonteur, arbeitete als LKW-Fahrer, Judo-Trainer und hat mit "Karl Marx in Blau" und Rembrandt-Kopien auf dem Trödelmarkt ein bisschen Geld verdient. "Eigentlich ist es mir dort auch richtig gut gegangen", sagt Kühn über die Zeit im Osten, vor der Wende. Aber er sagt auch: "Ich habe manchmal so richtig gekotzt über das kleingeistige Spießer-Leben in der DDR".

"Sprühen ist für mich Handwerk, Malen ist Kunst"

Nach dem Mauerfall investierte der Künstler in ausladende Ami-Schlitten mit viel PS - und scheiterte gründlich mit seiner Geschäftsidee. Kaum ein Ostdeutscher wollte zu der Zeit seine Westmark für einen Spritfresser ausgeben. "Aus schierer Verzweiflung", sagt er, sprühte er einen Drachen und eine Frau auf die Motorhaube eines der Autos - und entdeckte die Airbrush-Sprühtechnik für sich.

Kühn wurde zum besten Airbrusher Deutschlands und bald gefielen seine Arbeiten nicht nur den Deutschen. Zu seinen Kunden gehörten wohlhabende Scheichs aus dem Nahen Osten und der wohl größte Popstar des 20. Jahrhunderts: Michael Jackson. Den traf er allerdings nicht auf der Neverland-Ranch, sondern in Deutschland - nach fünf Stunden Wartezeit.

Im Interview erzählt Kühn, warum er nur noch selten zur Sprühpistole greift, wie er bei Siegfried, Roy (und den Tigern) auf der Couch saß und warum jeder Künstler einen Gönner braucht.

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