Süddeutsche Zeitung

Köchin und Künstlerin Tainá Guedes:"Es fehlt eine emotionale Verbindung zum Essen"

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Die Köchin und Künstlerin Tainá Guedes engagiert sich gegen Lebensmittelverschwendung. Sie ist überzeugt: Die großen Krisen rühren aus unserem Umgang mit Nahrung.

Von Lea Hampel und Verena Mayer

Tainá Guedes ist vieles zugleich: Köchin und Künstlerin, Japanerin und Brasilianerin, Aktivistin und Unternehmerin. Bekannt geworden ist sie durch ihre Bücher und ihr Engagement gegen Lebensmittelverschwendung. Seit einiger Zeit betreibt sie im Berliner Hipster-Viertel Prenzlauer Berg die "Entretempo Kitchen Gallery". Dort gibt es, je nach Auftragslage, mal Installationen, mal Abendessen, mal Kochkurse.

Zum Gespräch hat sie ebenfalls hierher geladen. In dem großen Raum mit der offenen Küche und dem gemütlichen Holztisch brutzeln im Hintergrund ihre zwei Mitarbeiterinnen für den Abend vor, während sie, in einer charmanten Mischung aus Deutsch und Englisch, von ihrer Arbeit erzählt.

Soeben ist das zweite Buch der 38-Jährigen erschienen, "Mottainai" heißt es und handelt von einem zen-buddhistischen Prinzip der Achtsamkeit. Guedes hat darin Rezepte für Lebensmittelreste und Zutaten aufgeschrieben, die sonst weggeworfen würden. Sie interessiert sich schon seit ihrer Kindheit für Speisen und ihre Zutaten. Ihr Vater, ebenfalls Künstler, legte großen Wert auf Essen.

Später gründete Guedes ein japanisches Restaurant und gab früh viel Geld für hochwertige Speisen aus. "Mein Lehrmeister in Japan sagte, der beste Weg, über Essen zu lernen ist, in gute Restaurants zu gehen", erzählt sie. Auf diesen Rat hin ging sie in Sterne-Restaurants. "Aber ich frage mich: Was steckt dahinter, dass beispielsweise alle Würfel gleich groß sind, was passiert mit dem Rest des Gemüses? Nun ja, es wandert in dem Müll."

Solche Erfahrungen prägen bis heute ihr Verhältnis zum Essen. Und gleichzeitig ist ihr Verständnis von Ernährung und deren Bedeutung heute noch viel umfassender. Denn Guedes ist überzeugt: Viele Krisen, vor denen die Menschheit derzeit steht, haben damit zu tun, wie wir mit Essen umgehen - das ist nur noch nicht genügend Menschen bekannt. "Die meisten verstehen nicht, wie unser Lebensstil das Leben von Menschen in anderen Länder beeinträchtigt", sagt Guedes. "Es fehlt eine emotionale Verbindung zum Essen. Die Leute wollen den Amazonas schützen, kaufen aber Fleisch aus Brasilien für 33 Cent bei Edeka, dessen Produktion für die Abholzung des Regenwaldes verantwortlich ist". Sie ist überzeugt, dass man an die Gefühle der Menschen zu appellieren, nicht an ihr Gehirn, wenn man sie wirklich erreichen will.

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