Süddeutsche Zeitung

Israel:Mit Start-ups aus der Krise

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Israel setzt auf junge Unternehmen, um die Folgen des Lockdowns zu überwinden. Sie erhalten 165 Millionen Euro.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Israel hat auf die Ausbreitung des Coronavirus rascher als die europäischen Staaten und die USA reagiert, drastische Ausgehbeschränkungen verhängt und das Land abgeschottet. Das führte auch zu einem fast völligen Stillstand der Wirtschaft. Zum ersten Mal in der Geschichte Israels hat die Zahl der Arbeitslosen die Marke von einer Million überschritten und ist von einem historischen Tiefststand von 3,8 Prozent auf fast 28 Prozent Ende April gestiegen. Auch nach der Wiedereröffnung der meisten Geschäfte und der Lockerung der Präsenzregeln für die Arbeit in Unternehmen bleibt die Arbeitslosenquote mit 24,4 Prozent hoch.

Die Wirtschaftsleistung ist um 7,1 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres geschrumpft - der stärkste Rückgang seit zwanzig Jahren. Die israelische Zentralbank rechnet damit, dass in diesem Jahr erstmals seit 2002 das Bruttoinlandsprodukt nicht steigen wird und geht von einem Rückgang um 4,5 Prozent aus. Laut einer Studie der Firma Dun & Bradstreet werden rund 70 000 Unternehmen in diesem Jahr schließen müssen.

Die israelische Regierung, die nach eineinhalb Jahren politischem Stillstand und eingefrorenem Budget seit knapp zwei Wochen wieder voll arbeitsfähig ist, hat ein Rettungsprogramm für die Wirtschaft entwickelt mit einem Volumen von insgesamt 25 Milliarden Euro.

Es gibt jedoch Sektoren in Israel, die nicht so stark von der Krise betroffen sind. Dazu zählt vor allem der Technologiebereich, der für 13 Prozent der Wirtschaftsleistung und für 46 Prozent der Exporte verantwortlich ist und rund zehn Prozent der Arbeitskräfte Beschäftigung bietet. Während im Einzelhandel Anfang Mai 33 Prozent der Beschäftigten unbezahlt freigestellt waren, war die Zahl im Tech-Sektor mit sieben Prozent deutlich geringer.

Erfinder sind aufgerufen,Vorschläge einzureichen, um das Virus zu bekämpfen

Start-ups berichten jedoch, dass sie Probleme mit der Finanzierung haben. Während im Vorjahr Investoren die Rekordsumme von 8,3 Milliarden US-Dollar in israelische Unternehmen investiert haben, geben sich viele Geldgeber seit dem Ausbruch der Pandemie zurückhaltend. 42 Prozent der israelischen Start-ups teilten mit, dass sie in den vergangenen Monaten Schwierigkeiten bei ihren Finanzierungsrunden hatten. Rund 25 Prozent der Start-ups haben die Suche nach Investoren derzeit ganz eingestellt.

Die vom Staat eingesetzte israelische Innovationsbehörde geht davon aus, dass die Aktivitäten privater Investoren um ein Viertel zurückgehen werden. Um Anreize zu schaffen, hat die Regierung ein Programm in Höhe von 165 Millionen Euro für Start-ups angekündigt. Der Staat übernimmt staatliche Garantien für 40 Prozent der Investitionen. Diese Garantie gilt für Investitionen in den nächsten 18 Monaten. "Es ist wichtig, gerade jetzt den Wachstumsmotor der israelischen Wirtschaft zu fördern", sagt Finanzminister Israel Katz.

Typisch für Israel ist, dass an den Unternehmergeist appelliert wird. Die Innovationsbehörde rief dazu auf, Vorschläge für Projekte einzureichen, die mit der Bekämpfung des Coronavirus zu tun haben. Binnen zwei Wochen gingen 900 Projekte ein - von der sich selbst reinigenden Maske bis zu einer App, die Touristen mit dem nächsten Arzt verbindet. "Das zeigt, Israel ist ein Land der Unternehmer und willens, gestärkt auch aus dieser Krise hervorzugehen", sagt der Chef der Innovationsbehörde, Aharon Aharon.

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SZ vom 30.05.2020
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