Süddeutsche Zeitung

Hilfen für Griechenland:Die Krux mit dem Finanzierungsbuckel

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Das chronisch klamme Athen muss 2014/2015 Staatsanleihen zurückzahlen und benötigt dafür Milliarden. Womöglich gehen die Finanzhilfen für Griechenland nun in die Verlängerung.

C. Hulverscheidt

Das internationale Hilfsprogramm für Griechenland muss womöglich über das Jahr 2012 hinaus verlängert werden. Grund ist, dass die Regierung in Athen 2014 und 2015 ungewöhnlich hohe Milliardensummen benötigt, um auslaufende Staatsanleihen zurückzahlen zu können. Dazu muss sie neue Schuldverschreibungen auf den Kapitalmärkten verkaufen. Hinzu kommt, dass die ersten Tilgungszahlungen an die EU-Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) fällig werden, die das südosteuropäische Land derzeit mit Krediten versorgen. Beide Verpflichtungen zusammen genommen, so fürchten der IWF, die Europäische Kommission und auch die Griechen selbst, könnte das Land erneut in heftige Schwierigkeiten stürzen.

IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hatte deshalb am Wochenende bereits seine Bereitschaft angedeutet, mit Athen über eine Streckung von Zahlungsfristen zu verhandeln. Auch die EU-Kommission ist grundsätzlich zu Gesprächen bereit. In Verhandlungskreisen war von einem "Finanzierungsbuckel" in den Jahren 2014 und 2015 die Rede, der das Potential habe, die erfolgreichen Sparbemühungen der Regierung in Athen wieder zunichte zu machen. Insgesamt stellen die EU und der IWF dem Partnerland für die Jahre 2010 bis 2012 maximal 110 Milliarden Euro an Krediten zur Verfügung. Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou sagte in einem Interview, er habe längere Fristen noch "nicht offiziell gefordert", spreche aber mit den Geldgebern darüber.

Das Problem des Finanzierungsbuckels wird auch innerhalb der Bundesregierung gesehen. Dennoch hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) offiziell die Parole ausgegeben, dass eine Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms nicht in Frage komme. Ihr Ziel ist es, den Spardruck auf Athen aufrechtzuerhalten. Entsprechend äußerte sich am Dienstag auch ein Sprecher des Finanzministeriums - ohne sich endgültig festzulegen: "So lange die Griechen die Anforderungen erfüllen, und das tun sie sehr gut, gibt es keinen Grund, den Rückzahlungszeitplan zu verändern", sagte er.

Tatsächlich kommt Athen beim Defizitabbau nach eigenen Angaben schneller voran als von IWF und EU-Kommission verlangt. So sank die Neuverschuldung in den ersten drei Quartalen des Jahres im Vergleich zu 2009 um gut 31 Prozent. Laut Kreditvertrag hätten 27 Prozent ausgereicht. Allerdings haben Experten der EU-Statistikbehörde Eurostat am Montag in Athen mit einer eigenen Prüfung der Bücher begonnen. Sie wollen am 22. Oktober ihre Zahlen vorlegen. Nach griechischen Medienberichten lag das Defizit 2009 statt bei 13,6 nun bei 15,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit noch höher, als nach mehrmaligen Korrekturen von griechischer Seite angegeben. Sollten sich die Zahlen bestätigen, könnte eine Verschärfung des Sparkurses notwendig werden.

Zudem würde Griechenland der Gang an den Kapitalmarkt wohl erneut versperrt. Noch am Dienstag hatte die Finanzagentur des Landes (PDMA) erfolgreich Geldmarktpapiere im Wert von 1,17 Milliarden Euro verkauft. Die Auktion war den Angaben zufolge mehr als vierfach überzeichnet. Auch fiel die Rendite, die die PDMA den Investoren für die Sechs-Monats-Papiere bieten musste, mit 4,54 Prozent nicht so hoch aus wie von Skeptikern befürchtet.

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SZ vom 13.10.2010
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