Süddeutsche Zeitung

Handelsstreit:Wenn Trump poltert, leidet Südostasien

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Staaten wie die Mongolei, Laos oder Kambodscha sind extrem abhängig vom chinesischen Markt. Neue US-Zölle bedeuten für sie Insolvenzen, Arbeitslosigkeit und Unruhen.

Kommentar von Christoph Giesen

Ein Tweet, hämisch, selbstverliebt und inhaltlich, wie so oft bei Donald Trump, nicht ganz korrekt: "Die Zölle funktionieren viel besser, als irgendjemand es erwartet hat. Der chinesische Aktienmarkt ist in den vergangenen vier Monaten um 27 Prozent gefallen", prahlte der amerikanische Präsident vor ein paar Tagen via Kurznachricht. "Unser Markt ist stärker denn je und wird dramatisch steigen, wenn diese schrecklichen Handelsabkommen erfolgreich neu verhandelt werden. America first."

Korrekt ist, dass die Indizes an den chinesischen Aktienmärkten in Shanghai und Shenzhen 27 Prozent einbüßten - allerdings seit Anfang des Jahres. Den Zollstreit mit China, der die Weltwirtschaft vor eine ernsthafte Krise stellt, brach Trump jedoch erst im April vom Zaun. Nun folgt die jüngste Eskalation, chinesische Waren im Wert von weiteren 16 Milliarden Dollar werden in zwei Wochen mit Abgaben in Höhe von 25 Prozent belegt. Pekings ebenbürtige Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Weiterhin im Raum stehen dann zusätzliche US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Produkte im Wert von 200 Milliarden Dollar. Spätestens dann sollte einem schummrig werden.

Der Unmut steigt von Tag zu Tag

Trump aber brüstet sich lieber, die ohnehin volatilen Börsen in China auf Talfahrt geschickt zu haben, dabei ist ein ganz anderer Wert in den vergangenen Wochen merklich gefallen, auf den man besser achten sollte. Die chinesische Währung wertete seit April um gut zehn Prozent gegenüber dem Dollar ab. Fast die Hälfte der US-Strafzölle sind damit wirkungslos, und amerikanische Produkte, die wiederum mit chinesischen Abgaben belegt worden sind, haben sich zusätzlich verteuert. Absicht? Oder alles noch im Bereich normaler Marktreaktionen? Ganz genau lässt sich das nicht klären. Doch was passiert, wenn der Yuan weiter an Wert verliert, und Peking sich tatsächlich dazu entscheiden sollte, Trumps Sticheleien auszusitzen? Vor allem für Chinas Nachbarn wäre das eine Katastrophe, die womöglich den sozialen Frieden dort bedroht.

Die Volksrepublik ist für viele Länder in Asien längst zum wichtigsten Handelspartner geworden. Das wirtschaftliche Schicksal von Staaten wie der Mongolei, Laos oder Kambodscha ist eng mit China verflochten, sie kaufen in der Volksrepublik ein, vor allem aber exportieren sie auch nach China. Und das ist das Problem. Die südostasiatischen Währungen werten derzeit automatisch auf, sie verteuern sich ungewollt. Vietnam zum Beispiel fürchtet, dass Firmen aus dem großen Nachbarland plötzlich Preisnachlässe fordern könnten, weil sie aufgrund des schwachen Yuans nun eigentlich mehr bezahlen müssten für Einfuhren. Eine Drohung, die verfängt. Die Abhängigkeit vom chinesischen Markt ist überwältigend, die Konsequenzen in Vietnam wären spürbar: Insolvenzen, Arbeitslosigkeit, Unruhe. Als einzige Chance bliebe, selbst abzuwerten und Peking zu folgen. Doch auch das löst die Probleme nicht.

Vietnams Wirtschaft wächst zwar mit ähnlich beeindruckenden Zahlen wie die Chinas. Die meisten Vietnamesen haben davon aber nicht viel. Der Grund ist die Inflation, die mit einer schwachen Währung noch größer würde. Was nützt ein Lohnwachstum von fünf Prozent im Jahr, wenn gleichzeitig die Preise in den Supermärkten um sieben Prozent steigen? Währungstricksereien, ausgelöst durch Trumps Strafzölle, beschleunigen das Elend nur noch. Der Unmut steigt von Tag zu Tag.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2018
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