Süddeutsche Zeitung

Handel: Debatte um Mindestlohn:Die Lidl-Meuterei

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Zoff um den Mindestlohn: Der Discounter Lidl prescht vor, gibt das Zehn-Euro-Mantra aus - und kassiert Schelte vom Einzelhandelsverband.

Eigentlich hatte es Lidl nur gut gemeint: Zehn Euro pro Stunde seien ein fairer Lohn, argumentierte der Discounter - und preschte vor. Wahrscheinlich auch mit dem Gedanken, endlich mal was fürs ramponierte Image zu tun.

Zehn Euro, so Lidl, solle der flächendeckende Mindestlohns im Handel und "in jeder anderen Branche" betragen. Denn: Nur mit einem verbindlichen Mindestlohn lasse sich der Missbrauch von Lohndumping wirksam unterbinden, sagte Lidl-Chef Jürgen Kisseberth. Das Unternehmen habe sich bereits mit seiner Forderung an alle Fraktionsvorsitzenden im Bundestag gewandt. "Gleiche Arbeit - gleicher Lohn" und "Gute Arbeit - fairer Lohn" sollte zum Motto für die Situation aller Beschäftigten in Deutschland werden, erklärte Kisseberth sein neues Mantra.

Und nun? Der Einzelhandelsverband HDE meutert gegen Lidls Vorstoß zum flächendeckenden Mindestlohn - und weist vor allem die angepeilte Höhe barsch zurück.

"Einen Mindestlohn in Höhe von zehn Euro schließe ich aus. Das ist unrealistisch", sagte HDE-Geschäftsführer Heribert Jöris der Berliner Zeitung. In der Branche lägen die untersten Tariflöhne zurzeit zwischen rund sieben Euro in Mecklenburg-Vorpommern und 8,80 Euro in Baden-Württemberg. In dieser Spanne werde wohl auch der künftige branchenweite Mindestlohn liegen, sagte Jöris.

Die Gewerkschaft Verdi hingegen begrüßte den Lidl-Vorstoß. "Wir hoffen, dass viele Unternehmen dem Beispiel folgen werden", sagte Vizechefin Margret Mönig-Raane dem Blatt.Der HDE und die Gewerkschaft Verdi führen seit einiger Zeit Gespräche über eine allgemeinverbindliche Lohnuntergrenze im Einzelhandel. Mit einem Ergebnis wird Anfang kommenden Jahres gerechnet.

Lidl bezahlt seine Mitarbeiter eigenen Angaben zufolge seit März 2008 mit einer Zulage über Tarif. Seit März 2010 entlohne das Unternehmen alle Mitarbeiter, auch geringfügig Beschäftigte, in den Filialen und im Lager mit mindestens zehn Euro pro Stunde. Fast 50 Prozent dieser Mitarbeiter verdienten bei Vollzeitbeschäftigung etwa 2200 Euro brutto im Monat, also mehr als 13 Euro pro Stunde, sagte ein Sprecher.

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