Süddeutsche Zeitung

Griechenland: Drohung von Standard & Poor's:Die Panik vor dem Fallbeil

Wie hypnotisiert starren die Politiker auf die Rating-Agentur Standard & Poor's, die vor ihren Augen den Plan zur Beteiligung der Banken an der Griechenlandkrise zerpflückt. Doch die Regierungen sollten aufhören, sich der Meinung interessengeleiteter Unternehmen zu unterwerfen.

Cerstin Gammelin

So viel steht fest: Gott muss eine amerikanische Ratingagentur sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass siebzehn in demokratischen Abstimmungen gewählte Regierungen verschreckt dasitzen und die Nägel knabbern, wenn eine jener Ratingagenturen ihre Meinung zu Griechenland abgibt. Die Politiker des elitären Euro-Klubs starren jedenfalls wie hypnotisiert auf das Schafott und hoffen, dass sie dem Fallbeil entrinnen können.

Dieses Fallbeil also ist gerade wieder einmal niedergesaust. Der amerikanische Gott namens Standard & Poor's hat den Europäern mitgeteilt, dass er nicht einverstanden ist, Banken, Versicherungen und Rentenfonds an Finanzhilfen für Griechenland zu beteiligen. Jedenfalls nicht so, wie die Regierungen das vorschlagen.

Wie es anders gehen könnte, verrät Standard & Poor's allerdings nicht. Das ist nur konsequent. Schließlich gehören auch Ratingagenturen zur Branche. Stimmen sie zu, dass Finanzinstitute künftig für die eigenen Geschäfte voll verantwortlich sind, also für Risiken zahlen, könnte dies bald auch für sie selbst gelten.

Es ist an der Zeit, dass die den Interessen ihrer Bürger verpflichteten Regierungen aufhören, sich der Meinung interessengeleiteter Unternehmen zu unterwerfen, indem sie deren Horror-Szenarien glauben.

Das kleine Griechenland steht plötzlich da als Symbol für den Untergang der mächtigen EU. Das ist absurd. Statt weiterhin das Geld der Steuerzahler über Athen an die Finanzbranche zu leiten, sollten die Euro-Regierungen mutig sein.

Ein Schuldenschnitt und ein großes Aufbauprogramm würden Hellas wirklich helfen - und die amerikanischen Götter auf das reduzieren, was sie sind: kapitalistische Unternehmer.

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Quelle:
SZ vom 05.07.2011
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