Süddeutsche Zeitung

Griechenland:Athen entlastet Bürger

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Die neue konservative Regierung senkt Steuern und erfüllt damit ein Wahlversprechen. Außerdem wird das Abstottern von Schulden bei Finanzämtern und Rentenkassen erleichtert. "Die Probleme der Bürger können nicht warten", so der Premier.

Von Christiane Schlötzer, Athen

Etwa vier Millionen Griechen sollen von einer Senkung der höchst unbeliebten Immobiliensteuer profitieren. "Niemand wird von dieser großzügigen Erleichterung ausgeschlossen", sagte der konservative Regierungschef Kyriakos Mitsotakis im Parlament, das die Änderung bereits mit großer Mehrheit billigte. Auch die nun oppositionelle Linkspartei Syriza stimmte für Reduzierung der Steuer, die Anfang 2014 eingeführt und anfangs mit der Stromrechnung erhoben wurde. Haushalten, die sie nicht zahlen konnten, wurde der Strom abgedreht. Die Kopplung wurde inzwischen aufgehoben. Syriza hatte einst die Abschaffung der kompletten Steuer versprochen, dies aber nie umgesetzt.

Die Steuererleichterung - um bis zu 30 Prozent je nach Immobilienwert - war eines der Wahlversprechen von Mitsotakis, dessen konservative Partei Nea Dimokratia die Parlamentswahlen am 7. Juli gewonnen hat. Da fast jede griechische Familie eine Immobilie besitzt - ob zur Eigennutzung, als Ferienhaus oder Erbstück in einem großelterlichen Dorf - ist die soziale Bedeutung der Steuer groß. Die Reduzierung kostet den Staat etwa 205 Millionen Euro im Jahr.

Für eine 75-Quadratmeter-Wohnung mit 15 Quadratmetern Garage in einem der ärmeren Viertel Athens müssen zum Beispiel künftig statt 303 nur 212 Euro jährlich bezahlt werden. Kommende Woche sollen weitere Steuersenkungen beschlossen werden. Unter anderem sollen Bürger, die bis 10 000 Euro im Jahr verdienen, nicht wie bisher mit 22 Prozent, sondern nur noch mit neun Prozent besteuert werden.

Auf Mehreinnahmen hofft die Regierung durch ein neues Schema für säumige Schuldner. Wer dem Staat Steuern oder den Rentenkassen Geld schuldet, kann die Beträge in 120 Monatsraten abstottern. So etwas gab es schon seit Juni 2018, eingeführt von der Linksregierung, es war aber nur bedingt erfolgreich. Nun werden die Konditionen für Geschäfts- und für Privatleute verbessert, die kleinste Rate beträgt 20 Euro. Mitsotakis rief die Schuldner auf, die Chance wahrzunehmen, es sei die "letzte" mit so günstigen Konditionen.

Die Griechen schulden dem Staat nach Angaben von Finanzminister Christos Staikouras mehr als 104 Milliarden Euro. Allein im letzten Monat entstanden 473 Millionen Euro neue Schulden, 10,6 Prozent mehr als im selben Monat des Vorjahres. Daten der inzwischen unabhängigen griechischen Einnahmebehörde zeigen auch, dass die Zahl beschlagnahmter Bankkonten vor den Wahlen im Juli fiel, von 9000 im April auf 4200 im Juni.

Mitsotakis nannte als Ziel seiner Politik "die Wiedergeburt der Mittelklasse". Die Probleme der Bürger könnten nicht warten. "Wir helfen Millionen Menschen und Unternehmen", sagte der Premier, der hofft, die Maßnahmen würden auch "die Immobilienbranche wiederbeleben". Die Hauspreise waren in den Krisenjahren stark zurückgegangen.

Erstmals seit fast zehn Jahren befindet sich die griechische Wirtschaft nun in einem sanften Aufschwung. Im August 2018 hatte das Land das dritte Hilfsprogramm von EU und IWF abgeschlossen und steht seither wieder stärker auf eigenen Beinen. Zentralbankgouverneur Giannis Stournaras sieht sein Land ökonomisch aber noch nicht "außer Gefahr". Dem US-Magazin Fortune sagte er, Griechenland brauche dringend Investitionen aus dem Ausland. Das Land investiere derzeit nur zehn Prozent seines Bruttoinlandsprodukts, vor der Krise, die 2010 begann, waren es 20 Prozent.

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SZ vom 01.08.2019
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