Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Neues Ringen um Unkrautvernichter Glyphosat

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Soll die Zulassung in der EU um ein Jahr verlängert werden? Die Bundesregierung enthält sich der Stimme - und wird von Greenpeace kritisiert.

Der Unkrautvernichter Glyphosat und die deutsche Bundesregierung, das ist eine ganz eigene Geschichte. Ohne Zustimmung von Kanzlerin Angela Merkel, trotz des Vetos von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), gab der damalige Landwirtschaftsminister Christian Schmidt von der CSU im Jahr 2017 in Brüssel seine Zustimmung, die Zulassung des hoch umstrittenen Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffs in der Europäischen Union um fünf Jahre zu verlängern. Ohne deutsche Stimme wäre die Mehrheit nicht zustandekommen, es war ein Riesenskandal.

An diesem Freitag ging es in Brüssel um die Frage, ob Glyphosat ein weiteres Jahr in der EU eingesetzt werden darf. Das deutsche Landwirtschaftsministerium wird mittlerweile vom Grünen Cem Özdemir geführt - und Deutschland enthielt sich der Stimme. Das muss man erst einmal verstehen.

Die Kommission hatte sich für die einjährige Verlängerung ausgesprochen mit der Begründung: Man brauche noch etwas Zeit, um eine rechtssichere Bewertung des Unkrautvernichters vornehmen zu können. Es hätten sich bei der Prüfungen Verzögerungen ergeben. Das deutsche Agrarministerium begründete seine Enthaltung damit, dass man der EU-Kommission nicht im Weg stehen wolle. Die Entscheidung müsse letztlich vor Gerichten Bestand haben. Andererseits habe man mit der Enthaltung zeigen wollen, dass man die derzeitige Verzögerung kritisch sehe. Offenbar waren im Rahmen der öffentlichen Konsultation außerordentlich viele Kommentare eingegangen.

Deutschland will den Glyphosateinsatz von 2024 an nicht mehr zulassen

Bei der Abstimmung am Freitag kam keine qualifizierte Mehrheit für eine Verlängerung der Zulassung zustande, deshalb kann die Kommission nun in eigener Verantwortung entscheiden. Deutschland will den Glyphosateinsatz von 2024 an nicht mehr zulassen. Der Ausstiegstermin ist bereits in der geltenden Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung verankert. Das Pestizid steht unter anderem im Verdacht, Krebs zu verursachen. Hersteller Bayer weist das jedoch vehement zurück.

Greenpeace kritisierte das Landwirtschaftsministerium für die Enthaltung. "Schade, dass Deutschland nicht eindeutig gegen eine Verlängerung der Zulassung auf EU-Ebene gestimmt hat", sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff. Dies wäre auch für andere EU-Länder ein wichtiges Zeichen gewesen. Ein Sprecher von Bayer teilte mit: "Wir hoffen weiterhin, dass die derzeitige Glyphosat-Zulassung letztendlich verlängert wird." Damit bestünde genug Zeit, die laufende wissenschaftliche Bewertung abzuschließen.

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