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Eurozone:Was der Rückgang der Geldmenge über die Inflation verrät

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Erstmals seit 2010 ist die Geldmenge M3 wieder gesunken. Steigen die Preise also bald langsamer? Ein weiterer Indikator deutet darauf hin - und dürfte die Geldpolitiker bei der EZB freuen.

Wie geht es weiter mit der Inflation? Diese Frage beschäftigt nicht nur preisbewusste Konsumentinnen und Konsumenten, sondern auch Ökonominnen und Geldpolitiker auf der ganzen Welt. Sie versuchen, die Entwicklung der Preise anhand vieler Indikatoren zu antizipieren - und einer von ihnen hat sich nun überraschend verändert.

Es geht um die sogenannte Geldmenge M3. Sie umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen - und gilt als Spiegel der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. Jene Geldmenge M3 ist im Juli nun überraschend im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken, und zwar um 0,4 Prozent, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag mitteilte. Es ist der erste Rückgang seit dem Jahr 2010. Experten hatten eigentlich mit einer Stagnation gerechnet, zumal es im Juni noch ein Plus von 0,6 Prozent gegeben hatte.

Für Ökonomen deutet ein Schrumpfen dieser Geldmenge auf einen nachlassenden Inflationsdruck im Euroraum hin. Und es gibt noch einen weiteren Indikator, der in diese Richtung weist: Die Banken vergaben im Juli 2,2 Prozent mehr Darlehen an Firmen als noch vor Jahresfrist. Im Juni hatte das Wachstum noch bei 3,0 Prozent gelegen. Die Kredite fließen also weniger üppig.

Was die EZB für September plant, ließ Lagarde zuletzt offen

Die Daten zu Kreditvergabe und Geldmenge gehören zu den wichtigen Kennziffern für die EZB, die im September wieder über den Leitzins entscheidet. Sie möchte mit einer straffen Zinspolitik den Kreditfluss und damit auch die Wirtschaft dämpfen. So soll es gelingen, den starken Preisauftrieb im Euroraum zu zügeln.

Die aktuellen Inflationsdaten für den Euroraum stehen am Donnerstag an. Experten erwarten, dass die Verbraucherpreise im August um 5,1 Prozent gestiegen sind. Damit würde die Teuerungsrate leicht zurückgehen, nachdem sie im Juli noch bei 5,3 Prozent gelegen hatte. Die EZB strebt jedoch einen Wert von zwei Prozent an. EZB-Präsidentin Christine Lagarde machte jüngst deutlich, dass weiterhin eine straffe geldpolitische Linie erforderlich sei. Was dies für die anstehende Zinssitzung im September bedeutet, ließ sie allerdings offen.

In ihrem Kampf gegen die Inflation haben die Währungshüter seit Sommer 2022 bereits neun Mal in Folge die Zinsen angehoben, zuletzt im Juli um einen viertel Prozentpunkt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank einstreichen, liegt inzwischen bei 3,75 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit Oktober 2000.

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