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Konzerne:G-7-Staaten wollen globale Mindeststeuer von 15 Prozent

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Kampfansage an die Steueroasen: Die Finanzminister der sieben größten Industriestaaten möchten das Steuersystem weltweit radikal umbauen.

Von Bastian Brinkmann

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich die führenden Industrienationen auf wichtige Pfeiler einer weltweiten Steuerreform geeinigt. Das teilte der britische Finanzminister Rishi Sunak nach dem Treffen mit seinen G-7-Amtskollegen am Samstag in London mit. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bezeichnete den Beschluss als "historisch".

Er ist eine wichtige Grundlage für eine noch ausstehende Einigung der G-20-Staaten. Später sollen unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mehr als 135 Staaten dem Kompromiss zustimmen. Ziel ist es, die Steuerflucht von großen Konzernen zu erschweren. Dafür schlagen die Finanzminister zwei grundlegende Änderungen an der globalen Architektur des Steuersystems vor.

Zum einen soll künftig eine globale Mindeststeuer gelten, die nicht unter 15 Prozent liegen soll. EU-Mitgliedsland Irland beispielsweise nimmt 12,5 Prozent als Körperschaftsteuer. In manchen Steueroasen liegt sie bei null Prozent.

Steuern zahlen, wo die Produkte verkauft werden

Zweitens sollen künftig auch die Staaten profitieren, in denen Konzerne keinen Sitz haben, aber ihre Produkte verkaufen. Bisher werden Unternehmenssteuern nur am Firmensitz fällig - und nicht in den Ländern, wo die Konzerne ihre Umsätze erzielen. Das führte dazu, dass viele Unternehmen ihren Firmensitz in Länder mit niedrigeren Unternehmenssteuern verlagerten. Bei den "größten und profitabelsten multinationalen Unternehmen", heißt es in der Abschlusserklärung der G-7-Finanzminister, soll künftig mehr abgeschöpft werden.

Sie sollen zusätzlich auch in den sogenannten Marktstaaten Steuern zahlen, also in den Ländern, in denen sie viel Umsatz machen, aber keinen Sitz haben. Betroffen seien die größten globalen Konzerne mit eine Profitmarge von mindestens zehn Prozent, erläuterte der britische Finanzmister Sunak: Ein Fünftel des Gewinns, den ein Konzern über diese Schwelle hinaus erziele, könne dann in dem Land besteuert werden, in dem der Umsatz anfällt.

Die superprofitablen Unternehmen, die davon betroffen wären, sind oft Tech-Konzerne aus den USA, jedoch nicht ausschließlich. Um die Online-Konzerne besser zu besteuern, hatten manche Länder auch auf Digitalsteuern gesetzt, die speziell diese Geschäftsmodelle im Fokus hatten. Dagegen hatten sich die USA schon unter Präsident Donald Trump verwehrt. Im Abschlusskommuniqué der G-7-Finanzminister wird nun ausdrücklich die "Abschaffung" aller Digitalsteuern "und anderer relevanter ähnlicher Maßnahmen für alle Unternehmen" festgeschrieben.

Das globale Steuersystem stammt zum Teil noch aus den 1920ern

G-7-Gastgeber Sunak sagte, das globale Steuersystem müsse dringend fit für das digitale Zeitalter gemacht werden - es stamme zu großen Teilen noch aus den 1920er-Jahren. Dies könne nun gelingen. Digitalsteuern einzelner Länder seien bei einer globalen Lösung nicht mehr nötig.

"Die sieben wichtigsten Industrienationen haben sich heute hinter das Konzept einer Mindestbesteuerung für Unternehmen gestellt", sagte Finanzminister Scholz nach dem Abschluss des Treffens in London. "Konzerne werden nicht mehr in der Lage sein, sich ihrer Steuerpflicht dadurch zu entziehen, dass sie ihre Gewinne geschickt in Niedrigsteuerländer verschieben."

Selbst Aktivisten, die sich für höhere Steuern für Konzerne einsetzen, begrüßten die G-7-Einigung. "Das ist eine große Sache", twitterte Alex Cobham von der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network. Doch dürften die ärmeren Länder von der Reform nicht über den Tisch gezogen werden, ergänzte er. Die G7 würden den Löwenanteil der neuen Steuereinnahmen sich selbst zuschanzen wollen. Der globale Mindeststeuersatz müsste zudem höher liegen, bei effektiv 25 Prozent.

Neben Großbritannien, Deutschland und den USA sind auch Frankreich, Italien, Japan und Kanada Mitglieder der G7, wie sich die Gruppe der sieben größten demokratischen Volkswirtschaften nennt. Im nächsten Schritt sollen die G20 die mögliche Steuerreform diskutieren, also der erweiterte Kreis mit den wichtigsten Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien. Entscheidend könnte das G-20-Treffen im Juli in Venedig werden.

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