Süddeutsche Zeitung

Flugbegleiter:Gericht in Darmstadt erlaubt Lufthansa-Streik

Lesezeit: 2 min

Von Jens Flottau, Frankfurt, und Ulrich Schäfer, Frankfurt

Die Lufthansa hat am Dienstagabend vor dem Arbeitsgericht in Darmstadt versucht, weitere Streiks bis Freitag in letzter Minute verbieten zu lassen. Sie ist mit ihrem Vorhaben gescheitert. Das Gericht hat den Flugbegleiter-Streik bei der Lufthansa in Frankfurt und München genehmigt. Die Gewerkschaft Ufo habe ihr Streikziel hinreichend bestimmt, begründete das Gericht die Entscheidung.

Die Verhandlung zog sich bis in den späten Abend hin, der Richter unterbrach den Prozess und forderte beide Seiten auf, sich auf ein Spitzengespräch zu einigen, um Bedingungen für eine Schlichtung auszuloten - und damit für ein vorläufiges Ende des Streiks. Beide Parteien berieten sich zwei Stunden, dann lehnte die Lufthansa den Vorschlag um kurz vor Mitternacht ab. "Wir haben einen Versuch unternommen, der nichts mehr bringt", fasste Richter Rainer Lösch die Situation zusammen.

Zuvor hatte die Lufthansa hat bei dem Versuch, Streiks in ihrem Unternehmen verbieten zu lassen, einen Sieg errungen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf untersagte am Dienstag in einer Eilentscheidung, den Streik am Flughafen Düsseldorf am Dienstagabend fortzusetzen. Das Gericht hielt den Ausstand für rechtswidrig, da die Gewerkschaft Ufo ihre Streikziele nicht ausreichend formuliert habe.

Die Entscheidung des Gerichts betreffe zunächst nur den Dienstag, weil dies dem Antrag der Lufthansa entsprochen habe, erklärte eine Gerichtssprecherin. Die Fluggesellschaft kündigte daraufhin noch am Abend an, bei dem Gericht eine zweite Klage einzureichen - um damit auch die weiteren Streiks in Düsseldorf verbieten zu lassen, die die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo angekündigt hat. Darüber soll am Mittwoch von 14 Uhr an verhandelt werden.

Die Airline kündigte an, dass in Frankfurt, München und Düsseldorf 930 Flüge gestrichen würden. Dies beträfe insgesamt fast 100 000 Kunden. Zuvor hatten sich die Lufthansa und die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (Ufo) nicht darauf verständigen können, unter welchen Bedingungen es zu einer Schlichtung kommt. Ufo-Chef Nicoley Baublies hatte eine Schlichtung am Dienstag selbst ins Gespräch gebracht. In diesem Falle würden die Streiks sofort beendet. "Wir brauchen ein öffentliches und belastbares Statement der Lufthansa", sagt er. Die Lufthansa reagierte daraufhin prompt mit einer schriftlichen Erklärung, das Unternehmen sei "ohne Vorbedingungen zu einer Schlichtung mit der Kabinengewerkschaft Ufo zu allen offenen Kabinen-Tarifverträgen der Lufthansa-Passage bereit".

Ufo-Chef Baublies erklärte jedoch anschließend, dass ihm kein Angebot vorliege. Das wiederum hatte eine scharfe Reaktion der Lufthansa zur Folge: "Es ist uns vollkommen unverständlich, dass die Ufo ihren eigenen Worten keine Taten folgen lässt und auch morgen fast 100 000 weiteren Kunden schweren Schaden zufügt", sagte Personalvorstand Bettina Volkens. "Es gibt keinen Grund, die gegenseitig angebotene Schlichtung nun nicht unmittelbar umzusetzen und die Streiks zu beenden."

Ufo plant, praktisch das gesamte Lufthansa-Netz zu bestreiken

Ufo plant, von Mittwoch bis Freitag alle Kurz- und Langstrecken an den Standorten Düsseldorf, München und Frankfurt und somit praktisch das gesamte Lufthansa-Netz zu bestreiken. Flüge anderer Konzerngesellschaften wie Eurowings oder Germanwings seien nicht betroffen. Die Lufthansa setzte sich mit dem gerichtlichen Erfolg in Düsseldorf zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten erfolgreich gegen lange Streiks in ihrem Unternehmen zur Wehr.

Anfang September hatte das Unternehmen bereits gegen den Streik der Piloten geklagt. Das Hessische Landesarbeitsgericht erklärte den Ausstand für rechtswidrig, weil er nicht auf den Tarifvertrag ziele, sondern sich gegen die Strategie des Konzerns richte. Die Vereinigung Cockpit hat am Dienstag dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Urteil sei von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes abgewichen und von falschen Sachverhalten ausgegangen, hieß es.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2015
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