Süddeutsche Zeitung

Fintech Robinhood:Geld anlegen wie die Reichen

Lesezeit: 2 min

Von Andrea Rexer

Eine Stellenanzeige kann verräterisch sein: Das erfolgreiche US-Finanz-Start-up Robinhood sucht auf seiner Homepage einen "Chief Executive" für die "geplante Expansion nach UK und EU". Die Nachricht reichte aus, um in der europäischen Fintech-Szene Aufregung auszulösen. Denn die Geschäftsidee von Robinhood gilt als echte Marktlücke. Und bis jetzt hat das Start-up kaum Konkurrenten.

Das Herzstück des Fintech ist eine App, mit der Kunden von überall Wertpapierkäufe tätigen können - ohne die sonst übliche Kommission. Anders als das literarische Vorbild Robin Hood stielt das Fintech zwar nichts von den Reichen, bietet aber den Normalbürgern an, was sich sonst nur Reiche leisten können: Geld für sich arbeiten zu lassen. Bei normalen Brokern und Banken gibt es in der Regeln Mindestsummen, ab denen man ein Depot eröffnen kann. Für jede Transaktion fallen teils sehr hohe Gebühren an. Robinhood verzichtet auf beides. Da kann man schon mal pathetisch werden: "Unsere Mission ist es, die Finanzwelt zu demokratisieren" postuliert das Start-up auf seiner Homepage. Die ehrenhafte klingende Mission hat dem Unternehmen in den USA zu schnellem Erfolg verholfen.

Besonders die junge Generation schätzt das Finanz-Start-up

Derzeit beläuft sich das gehandelte Volumen auf der Plattform auf etwa zwei Milliarden Dollar, Tendenz steigend. Auch wenn davon vor allem das Unternehmen selbst und dessen Investoren - wie Google Ventures oder Ribbit Capital - profitieren, scheint es Robinhood zu gelingen, eine ganz neue Kundenschicht an sich zu binden, die sonst nicht auf die Idee kommt, mit Wertpapieren zu handeln: die junge Generation, die sogenannten Millenials. Sie schätzen das schicke Design, für das Robinhood bereits Preise wie den Apple Design Award eingeheimst hat.

Auch in Europa bescheinigt Fintech-Experte André Bajorat dem Start-up gute Aussichten: "Gratis, einfach, schnell und von überall zugänglich - so eine Handelsplattform gibt es noch nicht." Er glaubt, dass das gesamte Thema Geldanlage und Wertpapierhandel 2016 in Europas Fintech-Szene wichtig wird. Bisher hat sie vor allem über professionelle Händler nachgedacht, aber weniger über normale Bürger, die Geld bequem anlegen möchten. "Das Thema war bisher unterbelichtet, in diesem Jahr bekommt es Aufwind", sagt Bajorat. Auch Thomas Dapp von DB Research beobachtet, dass sich Fintechs immer öfter in die lukrative Nische zwischen Banken und Kunden setzen. Passen die Banken nicht auf, verlieren sie den direkten Kontakt zum Kunden.

Die Fintechs werden sich allerdings auch mit Kritik auseinandersetzen müssen: Womit verdienen die Apps ihr Geld? Etwa, indem sie aus Kundendaten Geld machen? Oder indem sie Provisionen von Anbietern erhalten? Wie wird sichergestellt, dass nur solche Kunden handeln, die das Risiko der Wertpapiere richtig einschätzen können? Das gilt ganz besonders für junge Kunden, die wenig Erfahrung im Wertpapierhandel haben. Um sich in Europa zu etablieren, braucht Robinhood entweder einen starken Kooperationspartner, etwa eine Bank, oder eine eigene Lizenz. Beides ist ein aufwendiger Prozess. Wie weit die Expansionspläne gediehen sind, will Robinhood nicht verraten: "Wir werden die Community auf dem Laufenden halten", antwortet das Unternehmen auf Anfrage.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2812921
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.01.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.