Süddeutsche Zeitung

Europäische Bankenaufsicht:Barnier sucht den Kompromiss mit den deutschen Sparkassen

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Die deutschen Sparkassen und die Einlagen ihrer Kunden unter Kontrolle einer europäischen Bankenaufsicht? Dagegen wehrte sich Sparkassenpräsident Fahrenschon bisher vehement. Doch jetzt will EU-Kommissiar Barnier auf die öffentlichen Geldinstitute zugehen und nach einem Kompromiss suchen.

"Bauspakassä": Das bodenständige Wort Bausparkasse hat gleich mehr Verve, wenn ein Franzose es ausspricht. Michel Barnier, der EU-Binnenmarktkommissar, streut es auf Deutsch ein, alles andere sagt er in seiner Muttersprache. Beim Treffen mit Journalisten in einem Berliner Lokal erzählt er, wie er in Schwäbisch Hall mit einer deutschen Abgeordneten die genossenschaftliche "Bauspakassä" besucht habe.

Er wisse also, wie wichtig das System der öffentlichen Banken für den deutschen Wirtschaftserfolg sei. Nur Lob also für jene Banken, deren Chef die Pläne Barniers zur Bankenaufsicht scharf zurückgewiesen hat?

Nicht nur Lob: Barnier hat sogar noch ein Kompromissangebot mitgebracht. Ärger mit Georg Fahrenschon will der EU-Kommissar lieber doch vermeiden. Fahrenschon, der ehemalige bayerische Finanzminister und jetzige Vorsitzende des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, ist wohl zu mächtig, um ignoriert zu werden.

Nationale Behörden sollen das "tägliche Aufsichtsgeschäft" erledigen

Deshalb zeigt sich Barnier kompromissbereit. Nein, die Einlagen deutscher Sparer würden nicht mit den Einlagen anderer Länder vermischt. "Wir haben nicht vor, die Mittel der Einlagen und die Abwicklung zu vergemeinschaften", so der EU-Kommissar. Im Notfall sollten "nationale Einlagensicherungsfonds sich allerdings gegenseitig Geld für einen begrenzten Zeitraum leihen". Allerdings müssten diese nationalen Fonds in vielen anderen Ländern erst einmal eingerichtet werden, bevor sie überhaupt in die Situation kommen könnten, sich gegenseitig zu helfen.

Grundsätzlich hält Barnier zwar an seinen Plänen fest, sämtliche der etwa 6000 Banken im Euro-Raum der Kontrolle der Europäischen Zentralbank (EZB) zu unterstellen. Das tägliche Aufsichtsgeschäft sollten aber weiter die nationalen Behörden erledigen. Die deutsche Bankenaufsicht Bafin werde ihre Rolle behalten.

Es sind dies ziemlich genau die Bedingungen, die Fahrenschon zuvor für eine Einigung gestellt hatte: Zum einen dürfe die zentrale Bankenaufsicht in Europa nicht zum Einfallstor für eine gemeinsame Absicherung der Kundeneinlagen werden. "Die EU-Kommission muss den Plänen zur europäischen Einlagensicherung eine Absage erteilen", so der Sparkassenpräsident. In Deutschland haften zusätzlich zur gesetzlichen Einlagensicherung, die dem Sparer Einlagen bis 100.000 Euro garantiert, auch die Bankenverbände jeweils mit eigenen Sicherungsfonds, darunter auch die Sparkassen. Zudem, sagte Fahrenschon, müsse es klare Regeln geben, dass rein national ausgerichtete Institute weiter von den nationalen Aufsichtsbehörden überwacht werden.

Nicht "Knall auf Fall"

Fahrenschon hatte außerdem dafür plädiert, dass sich die EZB auf die Kontrolle von großen systemrelevanten Banken konzentriert und auf Institute, die Hilfen vom europäischen Rettungsfonds erhalten.

Barniers Vorschlag sieht nun vor, dass es auf europäischer Ebene "eine Art Leitfaden für alle" geben soll. Dessen Umsetzung solle durch die nationalen Behörden organisiert werden.

Auch Bedenken gegen den Zeitplan versuchte der EU-Kommissar zu zerstreuen. Wichtig sei, dass die zentrale Aufsicht am 1. Januar "langsam anfängt zu arbeiten", sagte Barnier. Die Aufsicht über alle 6000 Institute in Europa werde nicht "Knall auf Fall" beginnen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte den Zeitplan als zu ehrgeizig kritisiert: Es dürften nicht Erwartungen geweckt werden, hinter denen man dann zurück bleibe.

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