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EuGH-Urteil:Google muss nicht weltweit vergessen

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Suchmaschinen müssen Links zu Webseiten, die Betroffene wegen ihrer Persönlichkeitsrechte löschen lassen, nicht weltweit entfernen. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass das sogenannte Recht auf Vergessenwerden nur für die Suchmaschinen in der EU gilt.

Das heißt: Wenn eine Person die Löschung eines Links bei Google beantragt, muss das Unternehmen den Link nur auf seinen EU-Domains entfernen, also google.de für Deutschland, google.fr für Frankreich, et cetera. Die französische Datenschutzbehörde hatte versucht, Google zu zwingen, Links auch auf google.com und allen anderen internationalen Google-Domains zu entfernen. Damit wären die Links für keinen Google-Nutzer der Welt mehr sichtbar gewesen.

Weil sich Google geweigert hatte, die Suchergebnisse auf Anfrage von Betroffenen weltweit zu löschen, hatte die Behörde 2016 eine Geldstrafe von 100 000 Euro gegen Google verhängt. Der US-Internetkonzern war dagegen vorgegangen. Daraufhin hatten sich die französischen Richter an die Luxemburger Richter gewandt.

Hintergrund ist ein Grundsatzurteil des EuGH gegen Google von 2014. Damals führten die Luxemburger Richter ein Recht auf Vergessenwerden im Internet ein. Seitdem muss der US-Konzern unter bestimmten Umständen Verweise auf Internetseiten mit privaten Informationen löschen. Das Recht auf Vergessenwerden müsse gegen das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen abgewogen werden, hatte der Generalanwalt am EuGH in seiner Stellungnahme im Januar argumentiert. Bei einer weltweiten Anwendung von EU-Recht wäre dies nicht mehr möglich. Das EU-Recht ende in diesem Fall an den Grenzen der Union. Das bestätigten die Richter nun: Menschen in Nicht-EU-Staaten fielen unter andere Rechtssysteme, ihnen könne man die Informationen nicht einfach vorenthalten.

Offenes Schlupfloch

Allerdings lässt der EuGH ein Schlupfloch offen: Das Europarecht zwinge Google zwar nicht dazu, weltweit zu löschen. Einzelne Mitgliedsstaaten könnten Google aber zum globalen Auslisten zwingen, nachdem sie Privatsphäre und Informationsfreiheit gegeneinander abgewogen hätten.

Der EuGH bejahte nun auch, dass Google EU-Bürger davon abhalten müsse, in der EU entfernte Links auch auf Nicht-EU-Domains der Suchmaschine finden zu können. Dabei geht es um sogenanntes Geoblocking: Google muss die entsprechenden Links unsichtbar machen für Nutzer, die von IP-Adressen aus der EU zum Beispiel auf Google.com suchen. Der Konzern tut das in der Praxis bereits, um Datenschützer zu besänftigen.

Googles Transparenzbericht zufolge erhielt das Unternehmen, seit das Urteil gilt, mehr als 3,3 Millionen Anfragen zur Entfernung von Link-Adressen. 1,3 Millionen hat Google tatsächlich entfernt.

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