Süddeutsche Zeitung

Erfolgreicher Schokohase:Goldene Ostern

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Der Goldhase von Lindt ist 60 Jahre alt und ein Verkaufsschlager: Im vergangenen Jahr wurden 150 Millionen Stück verkauft, dieses Jahr dürften es noch mehr sein. Deshalb entwarf der Schoko-Konzern einen goldenen Bären als weihnachtliches Pendant. Doch "Goldbären" gibt es schon - weshalb nun ein Rechtsstreit entflammt.

Von Wolfgang Koydl

Gestatten, mein Name ist Hase - aber ich weiß eine ganze Menge. Ich verstehe vor allem etwas von erfolgreichem Marketing. Davon, wie man sich selbst am besten verkauft - und zwar weltweit. Es gibt wahrscheinlich kaum mehr ein Osternest zwischen Seattle und Sapporo, Feuerland und Finnland, aus dem nicht meine goldigen, goldenen Ohren heraus lugen. Vergessen Sie das Märchen vom Hasen und dem Igel. Ich bin der Hase, der immer schon da ist.

Wenn man mal jede falsche Bescheidenheit beiseite lässt, könnte man mit Fug und Recht sagen, dass ich inzwischen zum Synonym für Ostern geworden bin, selbst in Ländern, wo man Ostern bisher gar nicht kannte. Gut, das Osterlamm war nie eine wirkliche Konkurrenz. Ein Schaf bleibt ein Schaf, ein bisschen langsam und beschränkt eben. Aber auch den traditionellen Osterhasen habe ich längst abgehängt.

Es war ein Geniestreich meiner Erzeuger in der Schokoladenfabrik Lindt & Sprüngli, dass sie mich nicht knallbunt sondern edel golden eingewickelt haben. Und vor allem, dass ich sitze. Über die alten, stehenden Osterhasen hält sich ja noch immer das ruf- und verkaufsschädigende Gerücht, dass es sich bei ihnen tief drinnen um zipfelmützige Weihnachtsmänner handelt, die nicht abgesetzt werden konnten und nun, neu verpackt, recycelt werden.

Ich bin letztes Jahr 60 geworden, ein Alter, in dem andere langsam an den Ruhestand zu denken beginnen. Aber ich kann mir das nicht leisten, denn ich bin bei Lindt inzwischen das wohl beste Pferd im Stall, wenn ich als Hase diesen Vergleich wagen darf. Letztes Jahr wurden 150 Millionen Stück von mir verkauft, und dieses Jahr dürften es noch mehr sein. Ja, wir vermehren uns wie die, nun ja, Karnickel. Mittlerweile gibt es rund doppelt so viele Goldhasen wie Deutsche. Die aber verdrücken eine ganze Menge Schoko-Hasen: 106 Millionen in diesem Jahr, darunter freilich auch welche von der Konkurrenz.

Einstweilige Verfügung von Haribo

Mein Chef, Lindt-CEO Ernst Tanner, jedenfalls war sehr zufrieden, als er vor kurzem wohlgelaunt und braun gebrannt die Geschäftsergebnisse für 2012 vorstellte: Umsatz plus sieben Prozent auf 2,67 Milliarden Franken, Gewinn plus zehn Prozent auf 272 Millionen Franken, Dividende plus 15 Prozent auf 575 Franken. Ja, 575 Franken. Denn eine einzige Lindt-Aktie kostet 40.000 Franken. Für dieses Geld bekäme man entweder einen C-Klassen-Benz oder sehr viele Goldhasen.

Verständlich, dass man bei Lindt nach einem vergleichbaren Renner suchte, der Weihnachten zum Einsatz kommt, wenn ich Pause habe. Mein Kollege war ein knuddeliger Bär, der ebenfalls in Goldfolie eingeschlagen ist und daher Goldbär heißen sollte. Rund 40 Millionen Stück sind letztes Weihnachten über den Ladentisch gegangen. Er schlägt sich wacker, der Teddy.

Dummerweise gab es jedoch schon Goldbären. Die sind zwar nicht aus Schokolade sondern aus einer Gelatinemasse, und statt goldfarben kommen sie in allen Farben des Regenbogens daher. Aber sie waren nun mal früher da, und deshalb erließ ihr Hersteller Haribo eine einstweilige Verfügung gegen unseren Teddy.

Mein Chef Tanner hat kürzlich gesagt, dass er sich mit dem Gummibären-Chef Hans Riegel darauf geeinigt hätte, den Streit durch alle Instanzen notfalls bis zum Bundesgerichtshof durchzufechten. In aller Freundschaft, versteht sich. Wenn er verliert, hat er dann noch gesagt, würde er den Gummibären "eine geringe Lizenzgebühr" dafür bezahlen, dass er ihren Namen verwenden darf. Was ich nicht verstehe: Warum zahlt er sie nicht gleich? Denn Anwälte und Gerichte kosten viel Geld, und die lassen sich nicht mit Schokohasen abspeisen, auch wenn sie noch so lecker sind.

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Quelle:
SZ vom 26.03.2013
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