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Elektroautos:Kobalt könnte knapp werden

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In einem einzigen Elektroauto steckt so viel Lithium wie in 10 000 Handys. Auch Kobalt, Nickel oder Grafit wird für die Produktion der neuen Fahrzeuge gebraucht. Investoren horten deshalb bereits die gefragten Rohstoffe.

Von Markus Balser, Berlin

Kobalt zählt eigentlich zu den eher unbekannten Rohstoffen. Doch kaum ein anderer ist derzeit gefragter. In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Tonnen-Preis auf über 70 000 Euro mehr als verdreifacht. Länder wie China und Finanzinvestoren horten das Metall mittlerweile, sie fürchten weitere Preissteigerungen. Investmentbanken rufen gar das Jahr des Kobalts aus. Der Grund des Booms: Kobalt wird in den in Elektroautos eingesetzten Batterien gebraucht. Investoren decken sich mit dem Material ein, weil zwei Drittel der Weltproduktion aus einem Land kommen, das nicht gerade als stabil gilt: Der demokratischen Republik Kongo.

Noch gibt es weltweit derzeit nur rund zwei Millionen Elektroautos. Doch die Prognosen überschlagen sich: Bis 2030 soll die Zahl der Elektrofahrzeuge auf 100 Millionen in die Höhe schnellen, schätzt die Internationale Energieagentur. Die Nachfrage nach Rohstoffen wie Kobalt, Lithium, Nickel, Grafit und Platin, treibt auch die hiesige Autobranche um. Zu Recht, wie eine Studie im Auftrag der Berliner Denkfabrik Agora Verkehrswende zeigt. Der Nachschub wichtiger Rohstoffe müsse besser gesichert werden, ergab die Untersuchung des Freiburger Öko-Instituts. Zwar gebe es weltweit genug Lithium, Kobalt, Grafit und Nickel für die Batterieproduktion. Die Vorkommen würden aber möglicherweise nicht rasch genug erschlossen, so dass das Angebot speziell an Lithium und Kobalt zeitweise knapp werden und die Preise so steigen könnten.

Auch bei Lithium dürfte der Bedarf stark steigen. Heute wird rund ein Drittel der Lithium-Produktion für Batterien verwendet, 2025 dürften es schon zwei Drittel sein. Die neue Generation leistungsfähiger Elektroautos macht klar, wie groß der Bedarf ist. In einem einzigen Fahrzeug steckt so viel Lithium wie in 10 000 Handys. Die Autoren der Studie empfehlen deshalb nicht nur mehr Recycling in Europa, etwa durch feste europaweite Quoten und Recyclingziele. Sie plädieren für ein weltweites Anreizsystem - etwa Pfandsysteme oder Leasing -, das bis 2030 umgesetzt werden müsse, um den erwarteten Rücklauf von Batterien bearbeiten zu können.

Die Denkfabrik fordert zudem von Politik und Industrie, sich auf Umwelt- und Sozialstandards in den Förderländern zu verpflichten. "Die Elektromobilität ist der Schlüssel für die Energiewende im Verkehr", sagte Christian Hochfeld, der Leiter der Agora Verkehrswende. Die Akzeptanz von Elektroautos hänge aber auch davon ab, ob die Rohstoffe zu vernünftigen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen gewonnen werden können.

Mindestens bis zum Jahr 2030 bleibe die Lithium-Ionen-Batterie Standard bei Elektroautos, prognostizierte Studienautor Matthias Buchert. Um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung bis 2100 auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, werde sich in der Batterieproduktion allein der Lithiumbedarf bis 2030 verfünffachen und Mitte das Jahrhunderts etwa das Fünfzehnfache des heutigen Werts erreichen. Bei Kobalt erwartet das Öko-Institut bis 2030 eine Verdoppelung. Besonders die Kobalt-Förderung sei wegen Menschenrechtsverletzungen und Gewalt im Kongo eine Herausforderung. Wie bei Gold müsse es verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen geben, sagte Buchert: "Es geht nicht, dass wir uns bei Kaffee viele Gedanken machen, aber bei anderen Produkten beide Augen zudrücken."

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SZ vom 06.10.2017
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