Süddeutsche Zeitung

Ehemaliger Topmanager:Kleingeld für Middelhoff

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Von Uwe Ritzer, München/Köln

158 270 Euro. 114 000 Euro. 104 500 Euro. In seinen guten Jahren waren solche Einkünfte für Thomas Middelhoff Kleingeld. Ein bisschen was nebenbei, nicht weiter der Rede wert. Kosteten doch schon der Unterhalt und die Heuer für die Crew seiner vor einigen Jahren noch vor Saint-Tropez vor Anker liegenden Yacht Medici monatlich 75 000 Euro. Als Bertelsmann-Chef verdiente Middelhoff Millionen, beim Londoner Finanzinvestor Investcorp gehörte er nach eigenem Bekunden "zu den am besten bezahlten Managern Europas". Hätte er anschließend den Handelskonzern Arcandor gerettet (und damit das Milliardenvermögen der Großaktionärin Madeleine Schickedanz), hätte ihm ein Bonus von bis zu 100 Millionen Euro gewinkt.

Stattdessen heißt es für Thomas Middelhoff und seine Familie seit geraumer Zeit, alles an Geld zusammenzukratzen, was nur irgendwie geht. Gesundheitlich angeschlagen, kommt der wegen Betrugs und Steuerhinterziehung - noch nicht rechtskräftig - verurteilte frühere Spitzenmanager vermutlich in den kommenden Tagen nach fünf Monaten in Untersuchungshaft vorläufig frei. Vorausgesetzt, er erfüllt die Auflagen des Landgerichts Essen.

Inzwischen sind Middelhoff und Vermögensberater Esch verfeindet

Eine davon lautet, eine Kaution in Höhe von 895 000 Euro zu hinterlegen. Middelhoff hat das Geld aber nicht; seit Ende März läuft ein vorläufiges Privatinsolvenzverfahren. Früher hätte es ihn ein kurzes Telefonat gekostet, und das Geld wäre da gewesen. Nun werden wohl Verwandte für die Kaution einspringen müssen.

Wie sehr Middelhoff um jeden Euro kämpft, zeigt ein Streit, bei dem es um die eingangs erwähnten Summen geht. 158 270 Euro, 114 000 Euro und 104 500 Euro kassierte Thomas Middelhoff in den Jahren 2012, 2013 und 2014 bis zu seiner Verhaftung im November als Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft Köln-Ossendorf VII. Diese besaß und verwaltete bis zum Verkauf der Immobilie ein Bürogebäude, das wiederum an die Stadtsparkasse Köln vermietet ist.

Lange Zeit war Josef Esch Geschäftsführer besagter Grundstücksgesellschaft, ein umstrittener Immobilienentwickler aus Troisdorf und der private Vermögensberater der Familie Middelhoff. Inzwischen ist man sich spinnefeind und bekriegt sich vor Gericht. Bei besagter Ossendorf-Gesellschaft sind Thomas Middelhoff und seine Frau Cornelie mit gut 52 Prozent die Mehrheitsgesellschafter, weshalb es ihnen ein Leichtes war, Esch im Herbst 2011 als Geschäftsführer abzusetzen. Thomas Middelhoff übernahm den Posten selbst.

Middelhoffs Salär provoziert Streit unter den Gesellschaftern

Damals schon wurde dies als Indiz für seine akute Finanznot gewertet, auch wenn Middelhoff das bestritt. Denn Esch hatte sich bis dahin mit knapp 37 000 Euro pro Jahr an Vergütung für den Geschäftsführerposten bei Köln-Ossendorf VII zufriedengegeben. Middelhoff jedoch strich mit 158 270 Euro gleich in seinem ersten Jahr mehr als das Vierfache ein. Selbst nachdem die Grundstücksgesellschaft Köln-Ossendorf VII das Bürogebäude im März 2014 verkauft hatte und damit ihres Unternehmenszwecks weitgehend beraubt war, flossen weiter monatlich 9500 Euro an den dortigen Geschäftsführer Middelhoff.

Die Gesellschafter von Köln-Ossendorf VII sind über all dies ziemlich zerstritten, wie Schriftverkehr aus den vergangenen Wochen zeigt, der der SZ vorliegt. Per Umlaufbeschluss verweigerte die Gesellschafterversammlung im Februar dem Geschäftsführer Middelhoff die Entlastung für die Jahre 2013 und 2014. Er selbst hatte sich aus dem Gefängnis heraus der Stimme enthalten.

Sehr wohl aber votierte er dafür, seine Frau Cornelie als weitere Geschäftsführerin einzusetzen. Für die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in der Gesellschafterversammlung sorgten neben dem Ehepaar Middelhoff auch die Stimmen zweier Minderheitsgesellschafter, nämlich vom Gründer der IT-Firma Maxdata, Holger Lampatz, und vom früheren Sal. Oppenheim-Bankier Matthias Graf von Krockow. Dagegen votierte außer der Esch-Seite auch LTU-Erbin Vera Conle-Kalinowski.

Der Insolvenzverwalter weiß noch nicht, wie es um die Finanzen steht

In der Gesellschaft selbst geht es offenkundig drunter und drüber. Der bisherige Wirtschaftsprüfer warf vor wenigen Tagen hin, weil ihm für seine Arbeit notwendige Informationen und Daten trotz mehrmaliger Aufforderung nicht übermittelt wurden. Zuständig dafür wäre eigentlich die Geschäftsführung. Auch Middelhoffs hohe Bezüge sorgen für andauernden Zwist unter den Gesellschaftern. Während das Ehepaar Middelhoff, Lampatz und Krockow die Vergütungen für 2013 und 2014 im Nachhinein absegneten, fragen sich Esch und Co., auf welcher Grundlage sie überhaupt bezahlt werden. Denn laut Gesellschaftervertrag stehen dem Geschäftsführer nur 1,5 Prozent der Jahresnetto-Sollmiete zu, was dem Vernehmen nach nur ein Bruchteil des Middelhoff-Salärs wäre.

Wie sehr Thomas Middelhoff auf Geld wie aus der Grundstücksgesellschaft Köln-Ossendorf VII angewiesen ist, das versucht seit Ende März der vorläufige Insolvenzverwalter Thorsten Fuest zu klären. Die Verhältnisse sind verworren. Mehr als 50 Gläubiger wollten Geld von ihrem Mandanten haben die Anwälte Middelhoffs beim Insolvenzantrag bei Gericht angegeben. Fuest traut sich seinem Sprecher zufolge auch nach drei Wochen nicht annähernd eine Schätzung zu, wie hoch die Schulden Middelhoffs tatsächlich sind.

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Quelle:
SZ vom 22.04.2015
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