Süddeutsche Zeitung

Deutsche Exporte:Deutschland erlebt unerwarteten Boom

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Von Alexander Hagelüken

Von wegen Trump und Brexit: Deutschland hat im März so viel Waren ins Ausland verkauft wie noch nie. Die Exporte stiegen um 0,4 Prozent und nahmen damit den dritten Monat in Folge zu. Insgesamt erreichten sie 118 Milliarden Euro. Ein neuer Rekord, der den internationalen Streit um die deutsche Exportstärke weiter anfachen könnte.

Die Entwicklung konterkariert zunächst die Befürchtung über eine schnelle Verschlechterung des Handelsklimas, unter der deutsche Unternehmen besonders leiden würden. Der neue US-Präsident Donald Trump übt seit Monaten Kritik an den hohen deutschen Exportüberschüssen und droht Strafzölle an. Auch vom Austritt der zweitgrößten europäischen Wirtschaftsnation Großbritannien aus der EU werden negative Wirkungen erwartet.

Bisher allerdings läuft die deutsche Exportmaschine trotz dieser Gefahren, ohne zu stottern. "Deutschland profitiert von der Belebung der Weltkonjunktur und der höheren Nachfrage aus dem Euro-Raum" analysiert Ulrike Kastens von der Bank Sal. Oppenheim. Nach wie vor habe Deutschland anscheinend die richtigen Produkte wie Autos und Maschinen, die weltweit nachgefragt würden. "Positiv ist, dass es trotz Brexit, Trump und wirtschaftlicher Unsicherheit noch gut läuft", erklärte Stefan Kipar von der BayernLB.

Die Dynamik wird richtig sichtbar, betrachtet man die ersten drei Monate des neuen Jahres zusammen. In diesem Zeitraum waren die Exporte 8,5 Prozent höher als Anfang 2016. Besonders stark nahmen die Ausfuhren gegenüber Ländern außerhalb der Europäischen Union zu. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag erwartet für das ganze Jahr 2017 eine Exportsteigerung von bis zu drei Prozent. Die Weltkonjunktur belebt sich, und auch aus Europa kommen positive Signale.

Allerdings dürfte der neue Exportrekord die Kritiker auf den Plan rufen. US-Präsident Trump hat seiner scharfen Rhetorik zwar bisher wenig Taten folgen lassen. So verhängte er keine der angedrohten Strafzölle und stellt sich bisher auch nicht hinter eine von Republikanern vorgeschlagene Grenzsteuer. Sein Handelsminister Wilbur Ross brachte kürzlich sogar eine Wiederbelebung des umstrittenen TTIP-Abkommens mit Europa ins Gespräch. Das alles aber ist keine Garantie dafür, dass der schwer berechenbare Trump nicht doch mit Protektionismus gegen Deutschland und andere Länder vorgeht. Die Bundesrepublik exportierte im März 25 Milliarden Euro mehr Waren als sie importierte. Der Exportüberschuss war damit genauso hoch wie ein Jahr zuvor.

Kritik an den deutschen Überschüssen in der Leistungsbilanz, in die neben Exporten etwa auch Kapitelerträge einfließen, kommt auch von der EU-Kommission, dem Internationalen Währungsfonds IWF und dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

"Die guten Zahlen werden den Druck auf Deutschland erhöhen, die hohen Handels- und Leistungsbilanzüberschüsse abzubauen", erwartet Ulrike Kastens von der Bank Sal. Oppenheim. "Nicht nur vom IWF, sondern auch aus Frankreich wird der Druck zunehmen." Nach ihren Berechnungen wird der Leistungsbilanzsaldo in diesem Jahr zurückgehen. Die Importe sind im ersten Quartal dieses Jahres stärker gestiegen als die Exporte. Es ist aber unwahrscheinlich, dass diese leichte Veränderung die Kritiker besänftigen wird.

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