Süddeutsche Zeitung

Finanzindustrie:Aktionärsberater kritisieren "exzessive" Gehälter der Deutschen Bank

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Analysten von Glass Lewis halten die Millionen-Vergütung von Konzernchef Christian Sewing für zu hoch. Es fehle eine "überzeugende Begründung" für sein überdurchschnittliches Fixgehalt.

Von Meike Schreiber , Frankfurt

Der Sanierungskurs schien zu greifen, Skandale eher Sache der Vergangenheit: War die Hauptversammlung der Deutschen Bank im vergangenen Jahr vergleichsweise ruhig, steht dem größten deutschen Geldhaus nun wohl wieder ein turbulentes Aktionärstreffen bevor: Der US-Stimmrechtsberater Glass Lewis kritisiert die Vergütung der Vorstände und rät dazu, am 19. Mai auf der Hauptversammlung gegen den Vergütungsbericht zu stimmen. Christian Sewings Grundgehalt sei "exzessiv". Die jüngsten Gehaltserhöhungen zwar "moderat", doch angesichts der "exzessiven Ausgangswerte", auf die sie sich beziehen würden, "glauben wir, dass Aktionäre vernünftigerweise eine überzeugende Begründung dafür hätten erwarten dürfen, um diese Summe an Fixgehalt zu rechtfertigen", so Glass Lewis. Der Aktienkurs kann es nicht gewesen sein: Der hat sich in den vergangenen zwölf Monaten schlechter entwickelt als ein Vergleichsindex europäischer Banken.

Insgesamt hatte Sewing 2021 rund 9,5 Millionen Euro verdient, ohne Bonus waren es 3,6 Millionen Euro - recht ordentlich verglichen mit dem durchschnittlichen Fixgehalt anderer Dax-Chefs im Jahr 2020, das bei 1,4 Millionen Euro gelegen habe, so Glass Lewis. Bei der Deutschen Bank rechtfertigt man das hohe Fixgehalt unter anderem mit strengen Vergütungsregeln für die Finanzbranche. Demnach darf der Bonus maximal das Doppelte des Fixgehaltes ausmachen. Tatsächlich sind infolge dieser EU-Regeln in den vergangenen Jahren die Grundgehälter in der Bankenbranche gestiegen. Allerdings, so Glass Lewis, hätten auch die Vorstandschefs anderer europäischer Banken im Durchschnitt nur ein Grundgehalt von 1,6 Millionen Euro erhalten.

Konkrete Auswirkungen wird die Kritik wohl nicht haben, sie kratzt aber weiter am Image. Die Empfehlungen von Glass Lewis und Institutional Shareholder Service befolgen in der Regel rund 20 Prozent der Aktionäre der Deutschen Bank. Das Geschäftsmodell der Stimmrechtsberater ist vergleichbar mit dem von Ratingagenturen: Sie erstellen Studien, die sie an Profi-Investoren verkaufen. Es geht darum, ob die Manager die Regeln guter Unternehmensführung einhalten und ob die Vergütung angemessen ist, auch der Aktienkurs spielt eine Rolle. Die Berater besitzen selbst keine Aktien, was manche als zu große Machtfülle kritisieren.

Die Deutsche Bank teilte mit, die Aktionärinnen und Aktionäre hätten dem Vergütungssystem auf der letztjährigen Hauptversammlung mit mehr als 97 Prozent zugestimmt. Zudem überprüfe der Aufsichtsrat regelmäßig anhand von Vergleichsgruppen, ob die Vorstandsvergütung angemessen sei. Die variable Vergütung werde ausschließlich in aufgeschobener Form gewährt und dabei für bis zu sieben Jahre zurückbehalten.

Kritik kam zuletzt auch von Aktionär Karl-Walter Freitag, der 200 000 Anteilsscheine der Bank hält und das Geldhaus seit Jahren kritisiert und verklagt. Freitag wirft Sewing in einem Ergänzungsantrag Pflichtverletzungen und Interessenskonflikte vor. Die Bank weist die Vorwürfe zurück; der Aufsichtsrat stellte sich hinter Sewing.

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