Süddeutsche Zeitung

Debakel um Berliner Flughafen BER:Steuerzahlerbund wirft Politikern Versagen vor

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Der Flughafen Berlin-Brandenburg kommt immer später - und immer teurer. Der Bund der Steuerzahler greift nun in seinem "Schwarzbuch" die verantwortlichen Politiker massiv an. Der Flughafen sei ein "Manifest von Fehlplanungen, Missmanagement, unvollständigen Bauplanungen und Kostenüberschreitungen". Auch bei anderen Großprojekten sehen die Autoren schwere Versäumnisse.

Der Bund der Steuerzahler greift in seinem "Schwarzbuch" zur Steuerverschwendung der öffentlichen Hand die Verantwortlichen des Großflughafens Berlin-Brandenburg massiv an. In der Publikation ( hier online) wirft der Lobbyverband dem mit hochrangigen Vertretern Berlins, Brandenburgs und des Bundes besetzten Aufsichtsrat "politisches Versagen" und "blindes Vertrauen" zum "überforderten Management" des Flughafens vor.

Die Fertigstellung des Milliardenprojektes wurde vor kurzem zum dritten Mal verschoben und ist jetzt für den Herbst 2013 geplant. Politiker in den Reihen des Aufsichtsrates sollten in der letzten Bauphase durch externe Fachleute und kompetente Fachbeamte ersetzt werden, fordert der Steuerzahlerbund.

Die Lobbygruppe schätzt, dass die Baukosten von mittlerweile 4,3 Milliarden Euro noch weiter steigen werden. Der Flughafen sei ein "Manifest von Fehlplanungen, Missmanagement, unvollständigen Bauplanungen und Kostenüberschreitungen".

Vor allem Klaus Wowereit (SPD) steht in der Kritik. Er könne als Regierender Bürgermeister von Berlin einpacken, schrieb die Süddeutsche Zeitung kürzlich in einem Kommentar. Die Zeit hatte analysiert, ob wenigstens das Krisenmanagement der Politik funktioniert habe: Nachdem der Eröffnungstermin zum ersten Mal verschoben worden war, habe es keine Stunde null gegeben, um den Neustart zu schaffen. "Stattdessen schlug die Stunde der Nullen", schrieb die Zeitung.

Kurt Beck soll wegen Nürburgring-Affäre zurücktreten

In seinem jährlich erscheinendem "Schwarzbuch" nennt der Steuerzahlerbund nach eigenen Angaben dieses Mal rund 100 Beispiele von "sorglosem Umgang mit dem Geld der Steuerzahler".

Darunter auch die Nürburgring-Affäre: Der "staatliche Vergnügungsbetrieb" an der Rennstrecke komme den Steuerzahler teuer zu stehen. Mindestens 254 Millionen Euro müssten aus dem Landeshaushalt bereitgestellt werden, um die Gläubiger der 2009 errichteten Immobilien zufriedenzustellen. Schuld an dem Debakel sei allein die rheinland-pfälzische Landesregierung, die "einen völlig überdimensionierten Freizeitpark in die spärlich besiedelte Landschaft gesetzt" habe.

Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) habe immer versprochen, dies werde den Steuerzahler nichts kosten. Da es nun aber doch so gekommen sei, stehe er in der politischen Verantwortung und müsse zurücktreten.

Gutachter sollen für Fehlprognosen haften

Ein weiteres Beispiel sei eine millionenteure Biogasanlage in Mühlheim am Main in Hessen, die letztlich nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. In Holzminden in Niedersachsen schloss die Kreisverwaltung einen neuen Vertrag für die Müllverbrennung, versäumte aber die rechtzeitige Kündigung des alten Vertrages. Nun muss der Kreis bis Ende 2014 zwei Vertragspartner für die Müllverbrennung bezahlen.

Nach Meinung des Steuerzahlerbundes sollen Gutachter künftig für folgenschwere Fehlprognosen haften. Oft würden Gefälligkeitsgutachten erstellt, die für Gemeinden und Städte teure Folgekosten bedeuteten, kritisierte der Vizepräsident des Steuerzahlerbundes Schleswig-Holstein, Roger Müller.

So habe zum Beispiel der Erlebnispark "Sturmflutenwelt Blanker Hans" in Büsum nur ein Drittel der von Gutachtern genannten Besucherzahlen. Für die Gemeinde bedeute dies jährlich ein Defizit von etwa 1,5 Millionen Euro. Verträge mit Gutachtern sollten künftig Gewährleistungsklauseln enthalten, forderte Müller.

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