Süddeutsche Zeitung

Datensicherheit:Umstrittener US-Anbieter betreibt Internet im Bundestag

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Wenn Abgeordnete im Bundestag im Internet surfen, nutzen sie teilweise die Infrastruktur des umstrittenen US-Telekommunikationskonzerns Verizon. Das bestätigt jetzt die Bundestagsverwaltung. Die Opposition sieht das kritisch.

Von Pascal Paukner

Der Bundestag lässt seine Internet-Infrastruktur teilweise von der deutschen Tochter des US-Telekommunikationskonzerns Verizon betreiben. Die Bundestagsverwaltung bestätigte dies auf Anfrage. Der Internet-Anschluss über Verizon bestehe seit 2005. Aus "Gründen der Verfügbarkeit" gebe es im Bundestag Anschlüsse mehrerer Anbieter.

Der Sachverhalt ist politisch brisant. Die Enthüllungen des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden haben gezeigt, dass Verizon von der National Security Agency zu enger Kooperation gezwungen wird. Medienberichten zufolge muss Verizon der NSA umfassend Informationen über die Telefon-Verbindungsdaten seiner Kunden zur Verfügung stellen. Der Telekommunikationsanbieter Verizon wollte sich nicht zum Geschäftsverhältnis mit dem Deutschen Bundestag äußern. Das Unternehmen teilte lediglich mit, man halte sich an die deutschen Gesetze.

Der Vize-Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, sagte der SZ, seine Fraktion wolle nun Auskunft darüber, "inwieweit Bundestag, Behörden und Ministerien" von der Beteiligung der Amerikaner an der Infrastruktur betroffen sind. "Ich stelle es grundsätzlich in Frage, überhaupt Aufträge an Unternehmen zu vergeben, die mit der NSA zusammenarbeiten", sagte Korte.

BSI soll den Sachverhalt "klären"

Die Bundestagsverwaltung teilte mit, sie könne nicht beurteilen, über welche technischen Möglichkeiten ein Provider verfüge. Sie wollte sich daher auch nicht zu der Frage äußern, ob die Vertraulichkeit der Abgeordneten-Kommunikation durch die Zusammenarbeit gefährdet sei. Allerdings kündigte die Verwaltung an, den Sachverhalt unter Einbeziehung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) "zu klären". Der Anschluss über Verizon sei auf Grundlage eines Rahmenvertrages zwischen dem Bundesministerium des Innern und der Verizon Deutschland GmbH beauftragt worden.

Die Kooperation des Bundestags mit Verizon war bekannt worden, weil der Journalist Daniel Lücking in einem Blogartikel entsprechende Vorwürfe erhoben hatte. Er habe über ein Analyse der Besucher seines Blogs herausgefunden, dass neben dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Verein zur Förderung eines deutschen Forschungsnetzes (DFN) auch der Privatanbieter Verizon für einen Teil der vom Bundestag genutzten IP-Adressen zuständig sei, schrieb Lücking.

Damit lag der Verdacht nahe, dass Bundestagsabgeordnete zumindest teilweise über Verizon-Server auf das Internet zugreifen. Das Netzaktivisten-Blog Netzpolitik.org konnte den Verdacht später bestätigen, indem es von den Büros mehrerer Bundestagsabgeordneter aus eine Analyse der IP-Adressen durchführte.

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