Süddeutsche Zeitung

Daimler:Der zweite Chinese

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Autobauer BAIC aus Peking steigt mit fünf Prozent bei dem Stuttgarter Konzern ein. Die Schwaben sind erfreut - im Gegensatz zu 2018, als aus dem Nichts Li Shufu kam.

Von Stefan Mayr

Deutschlands Industrie-Ikone Daimler bekommt einen weiteren Großaktionär aus China: Der Autohersteller BAIC hat sich über eine Tochtergesellschaft mit fünf Prozent am Dax-Konzern beteiligt. Damit sind nun fast 15 Prozent des Dax-Konzerns in chinesischer Hand. Bereits im Februar 2018 war der Milliardär Li Shufu mit seinem Geely-Konzern unter obskuren Umständen eingestiegen, er hält an der Mercedes-Mutter 9,69 Prozent.

Vor eineinhalb Jahren waren die Daimler-Manager alles andere als begeistert über den neuen größten Einzelaktionär, der durch die Hintertür kam. Diesmal sind sie dagegen sehr erfreut über den neuen Investor, der ein alter Bekannter und gern gesehener Partner ist. Wer die offiziellen Mitteilungen des Daimler-Konzerns von damals und heute vergleicht, erkennt sehr schnell, wo die Sympathien liegen. Im Februar 2018 veröffentlichte die Daimler-Zentrale gerade einmal sieben Zeilen, in denen sie lediglich "bestätigte", dass Li Shufu Anteile übernommen habe. Eine dieser ohnehin schon wenigen Zeilen widmeten die Stuttgarter dem fast schon frechen Hinweis, dass Daimler in China bereits "einen starken Partner" habe - nämlich Geely-Konkurrent BAIC, Dieser hat nun, 18 Monate später, etwa 2,5 Milliarden Euro in die Hand genommen, um fünftgrößter Einzelaktionär von Daimler zu werden.

Der Autohersteller ist derzeit etwa 51 Milliarden Euro wert

Und BAIC wurde am Dienstag viel, viel freundlicher "Willkommen" geheißen. Diesmal hat die Mitteilung mehr als doppelt so viele Zeilen, obwohl der Aktienanteil nur halb so groß ist. Und der neue Daimler-Boss Ola Källenius ließ sich geradezu euphorisch zitieren: "Wir begrüßen es sehr, dass unser langjähriger Partner BAIC nun auch ein langfristig orientierter Investor von Daimler ist." Der zuletzt arg gebeutelte Aktienkurs des Autoherstellers machte sogleich einen Sprung. Er legte um bis zu fünf Prozent zu und zählte damit zu den größten Gewinnern im deutschen Leitindex Dax.

Bei einem Aktienkurs um die 48 Euro ist Daimler etwa 51 Milliarden Euro wert. Die größten Einzelaktionäre neben Geely und BAIC sind: Der Staatsfonds Kuwait (6,8 Prozent), die Bank of America (5,1 Prozent), die US-Investmentfonds Blackrock (5 Prozent) und Harris Associates (4,9 Prozent) und Renault/Nissan (3,1, Prozent). BAIC (Beijing Automotive Group) ist ein staatlich kontrollierter Autohersteller aus Peking und arbeitet mit Daimler seit 2003 zusammen. Das Gemeinschaftsunternehmen Beijing Benz Automotive Company (BBAC) hat im vergangenen Jahr 485 000 Pkw produziert und in China verkauft.

Für Daimler ist China seit Jahren der wichtigste Absatzmarkt weltweit - auch und vor allem für jene Luxus-Modelle, die Daimler in Deutschland oder den USA herstellt. "Der chinesische Markt ist und bleibt eine entscheidende Säule unseres Erfolgs", betont Ola Källenius, "nicht nur für den Absatz, sondern auch für unsere Entwicklung und Produktion."

Daimler seinerseits ist schon seit 2013 an BAIC Motor, einer börsennotierten Tochter von BAIC, beteiligt. Die Schwaben halten derzeit 9,55 Prozent der Aktien und haben einen Sitz im Verwaltungsrat.

"Wir möchten diese Allianz durch eine Beteiligung an Daimler weiter stärken", sagte BAIC-Chef Heyi Xu, "mit diesem Schritt bringen wir zudem unsere Unterstützung für den Vorstand und die Strategie von Daimler zum Ausdruck."

Tatsächlich kann Ola Källenius Unterstützung gut gebrauchen. Zwei Monate nach seinem Amtsantritt hat er bereits zwei Gewinnwarnungen veröffentlicht, im zweiten Quartal musste er wegen Belastungen durch den Dieselskandal sowie wegen des weltweiten Abschwungs der Autoindustrie einen Betriebsverlust von 1,6 Milliarden Euro verbuchen. Källenius bezeichnet den Einstieg von BAIC dann auch als "Vertrauenssignal in die Strategie und das Zukunftspotenzial unseres Unternehmens".

Am Mittwoch verkündet der 50-jährige Schwede erstmals die Quartalszahlen des Konzerns. Investoren, Analysten und 300 000 Mitarbeiter erwarten dabei auch klare Ansagen, wie er das Unternehmen durch die bevorstehenden Jahre der Rezession und Transformation führen will.

Und was sagt Großaktionär Li Shufu dazu, dass sein Konkurrent nun Mitaktionär ist? Eher wortkarg teilte er mit, er setze auch nach dem BAIC-Einstieg auf eine langfristige Beteiligung und eine gesunde Zusammenarbeit mit Daimler.

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SZ vom 24.07.2019
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