Süddeutsche Zeitung

Steuergeld:Bund der Steuerzahler kritisiert teuren Bundestag

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Büro-Neubauten und Entlastungspakete: Der Verein wirft der Politik Verschwendung vor - und fordert sie dazu auf, den Haushalt "auf Sparpotenziale" zu durchforsten.

Von Till Uebelacker, Berlin

Wie viel Platz der größte und teuerste Bundestag aller Zeiten inzwischen braucht, zeigt sich Unter den Linden im Berliner Regierungsviertel. Gegenüber der russischen Botschaft entsteht ein Büro-Neubau, das Elisabeth-Selbert-Haus. 200 Büros für Abgeordnete, auch die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung wird unterkommen. Und das Projekt ist jetzt schon dreimal so teuer als geplant. Um die 90 Millionen Euro wird es kosten. Stand heute. 2024 sollte es fertig sein, doch es wird wohl mindestens zwei Jahre länger dauern.

Es sind Beispiele von Steuergeldverschwendung und Fehlplanung wie dieses, die der Bund des Steuerzahler jedes Jahr in seinem Schwarzbuch vorstellt. "Sparen am politischen Betrieb steht nicht auf der Tagesordnung", sagte Präsident Reiner Holznagel bei der Präsentation des Buches in Berlin am Mittwoch. Der Haushalt müsse "auf Sparpotenziale durchforstet" werden. Jeder Minister solle ein Sparminister sein. Auch der Anbau des Bundeskanzleramtes werde deutlich teurer als geplant, so Holznagel. Er rechnet mit einer Milliarde, statt 500 Millionen Euro. Über 100 neue Fälle hat der Verein zusammengetragen. Hauptbotschaft der Veranstaltung: Der Staat müsse sich zurückhalten, auch in der Krise. Der Verein läuft seit Jahren Sturm gegen Projekte von Bund und Land. Kritiker hingegen finden, der Bund der Steuerzahler spreche nicht für die Allgemeinheit. Vielmehr sei er ein Lobbyverein mit Schlanker-Staat-Ideologie. Finanziert von der mittelständischen Wirtschaft.

Holznagel kritisierte am Mittwoch auch die Entlastungspakete der Bundesregierung. Schatten- und Nebenhaushalte dürfe es nicht geben. Kurios ist nur: Der Bund der Steuerzahler hat selbst einen gewissen Anteil am Entstehen von Sondervermögen und Schattenhaushalten des FDP-Finanzministers: Der Verein ist der wohl radikalste Vertreter der Schuldenbremse. Das Jahr 2009, als sie im Grundgesetz verankert wurde, bezeichnete Holznagel am Mittwoch, als eines der "erfolgreichsten" der Vereins-Geschichte. Die Schuldenbremse müsse auch jetzt unbedingt eingehalten werden.

Dass der Steuerzahlerbund es mit dem Sparen in der Krise wohl selbst nicht so genau nimmt, kündigte er am Mittwoch ebenfalls an. Wegen der 200 Milliarden Doppelwumms der Ampel-Koalition will er am Freitag seine Schuldenuhr wieder einschalten. Genug gespart.

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