Süddeutsche Zeitung

Börsenaufsicht SEC in Deutschland:US-Ermittler bei Siemens

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US-Ermittler kommen nach München: Die US-Börsenaufsicht SEC will in der Siemens-Korruptionsaffäre nun selbst Zeugen und Beschuldigte vernehmen.

Klaus Ott

Im Korruptionsfall Siemens will die amerikanische Börsenaufsicht SEC jetzt selbst vor Ort in München ermitteln. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ist vorgesehen, dass noch im August zwei Beamte der SEC nach München kommen und gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft mehrere Zeugen und Beschuldigte vernehmen. Die Befragung von aktiven und ehemaligen Angestellten und Managern von Siemens sollen offenbar in der Konzernzentrale stattfinden. Die Münchner Staatsanwaltschaft und Siemens wollten sich dazu nicht äußern.

Siemens ist seit März 2001 auch an der New Yorker Börse notiert und unterliegt daher den dortigen Regeln. Die SEC geht streng gegen Korruption vor und hat nach Beginn der Schmiergeldaffäre ein Ermittlungsverfahren gegen Siemens eingeleitet. In Konzernkreisen befürchtet man eine Strafe in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro. Vorstand und Aufsichtsrat des Industrieunternehmens wollen das Verfahren bei der SEC am liebsten noch vor der Wahl des neuen US-Präsidenten im November abschließen, weil eine Entscheidung danach noch mehrere Monate auf sich warten lassen könnte.

Heftige Kritik von Anwälten

Siemens hat bereits Ende 2006 die US-Kanzlei Debevoise & Plimpton mit internen Ermittlungen im Unternehmen beauftragt, um zu vermeiden, dass die SEC und das US-Justizministerium den Fall direkt untersuchen. Nach Angaben aus Konzernkreisen arbeitet Debevoise am Abschlussbericht, der im Herbst fertig sein und dann allen Beteiligten vorgelegt werden solle: Siemens, der Münchner Staatsanwaltschaft, der SEC und dem US-Justizministerium.

An der Vorgehensweise in diesem Korruptionsfall gibt es mittlerweile heftige Kritik in Kreisen von Münchner Anwälten, die Manager vertreten, die in die Affäre verwickelt sein sollen. "Nach meinem Kenntnisstand wird die SEC fortlaufend von Debevoise über die internen Ermittlungen bei Siemens unterrichtet", sagt der Rechtsanwalt Ulrich Wastl. "Hierin sehe ich einen Verstoß gegen fundamentale rechtsstaatliche Grundsätze."

"Fair behandelt"

Nach deutschem Recht müsse sich niemand selbst einer Straftat bezichtigen. "Das ist verfassungsrechtlich abgesichert, wird in diesem Fall aber durch die privaten Ermittlungen bei Siemens unterlaufen, die auf Initiative der US-Behörden zustande kamen." Wastl ist in einer Kanzlei tätig, die im Fall Siemens mehrere Mandanten vertritt.

Aus Siemens-Kreisen heißt es, man werde bislang "fair behandelt" und habe keine Veranlassung, die Bundesregierung um Hilfe zu bitten. Man sei zuversichtlich, dass die SEC die Bemühungen von Siemens und die Berufung des neuen Managements mit Vorstandschef Peter Löscher anerkenne. Außerdem treffe man Vorkehrungen, um systematische Korruption wie in der Vergangenheit künftig unmöglich zu machen. Dies werde von der SEC positiv registriert.

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SZ vom 05.08.2008/tob
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