Süddeutsche Zeitung

K-Pop:Der "Blackpink"-Faktor

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Die koreanische Unterhaltungsfirma YG Entertainment erschafft Pop-Gruppen. Das Geschäft mit dieser Art Spaß ist überhaupt nicht lustig.

Von Thomas Hahn, Tokio

Das Geschäft mit dem Spaß ist nicht lustig, schon gar nicht in der koreanischen Popmusik, kurz K-Pop. Die Seouler Unterhaltungsfirma YG Entertainment kann davon erzählen, denn sie erlebt dieser Tage ein lehrreiches Auf und Ab. Das Debüt ihrer sechsköpfigen Girl-Group-Kreation Baby Monster Ende November war als Start in eine neue Erfolgsära geplant. Deren Musik-Video zur Auftakt-Single "Batter up" brach dann ja auch gleich einen K-Pop-Rekord mit mehr als 22,6 Millionen Klicks binnen 24 Stunden. Allerdings klingt das Stück verdächtig nach Blackpink, der berühmtesten Gruppe aus dem YG-Kosmos. Der Markt war enttäuscht, der Aktienkurs brach ein. Und jetzt? Am Mittwoch verzeichnete YG Entertainment an der Börse ein Drei-Wochen-Hoch mit einem Plus von bis zu 29 Prozent. Grund: die Vertragsverlängerung mit Blackpink.

Wer es einmal in die Gehörgänge der Welt geschafft hat, bleibt dort für immer

Da kann man mal sehen, wie sehr die koreanische Kreativindustrie am Bekannten hängt. K-Pop-Firmen fertigen ihre Produktionen in bewährten Prozessen, bilden ausgewählte Talente zu makellosen Performance-Menschen aus und lassen sie Songs von internationalen Profi-Komponisten singen. Dabei kann es auch mal zu Welterfolgen kommen - wie eben bei Blackpink mit den vier hochbegabten Künstlerinnen Lisa, Jennie, Jisoo und Rosé. Blackpink-Lieder tragen wenig inhaltsreiche Titel wie "Ddu-Du Ddu-Du" oder "Boombayah". Aber mit ihren lässig hingetanzten Inszenierungen weiblichen Selbstbewusstseins traf die Gruppe nach dem Debüt 2016 den Zeitgeist. Und wer es einmal in die Gehörgänge der Welt geschafft hat, bleibt dort für immer.

Nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins Forbes hat Blackpink 2023 einen Nettowert von 57,5 Millionen Euro. Für YG Entertainment ist das Quartett eine kaum verzichtbare Marke. Es muss deshalb eine Erleichterung gewesen sein für die Firma, als sie am Mittwoch melden konnte: "Nach sorgfältigen Gesprächen mit den Mitgliedern von Blackpink wurde ein Exklusivvertrag für die Aktivitäten der Gruppe unterzeichnet." Zumal YG gerade keine gute Phase durchlebt. Firmengründer Yang Hyun-suk, der 2019 als Geschäftsführer zurücktrat und im Januar als Chefproduzent von Baby Monster zurückkehrte, wurde kürzlich wegen Erpressung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Wichtige Bands haben YG verlassen. Und der Aktienkurs befand sich schon vor dem Baby-Monster-Start im Abwärtstrend.

Manche Stars sind irgendwann bedeutender als die Firmen, die sie groß gemacht haben

Selbst nach dem neuen Blackpink-Deal gibt es Bedenken. Der gilt nämlich nur für die Gruppe. Wie sich Lisa, Jennie, Jisoo und Rosé als Einzelartistinnen orientieren, ist eine andere Frage. Jede hat schon ein Solo-Album herausgebracht. Jede ist Markenbotschafterin einer Luxusmarke, Jennie ist bei Chanel, Rosé bei Saint Laurent, Lisa bei Celine, Jisoo bei Dior. Jisoo und Jennie verfolgen Schauspielambitionen und planen angeblich, eigene Agenturen zu gründen. Lisa, die Thailänderin im Team, soll schon ein YG-Angebot abgelehnt haben.

Manche Stars sind eben irgendwann bedeutender als die Firmen, die sie groß gemacht haben. Auch das ist eine Wahrheit des harten K-Pop-Alltags. Gut möglich, dass YG Entertainment mit seinen wichtigsten Frauen bald nur noch arbeiten kann, wenn diese es einrichten können.

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