Süddeutsche Zeitung

BayernLB:Wenn nicht jetzt, wann dann?

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Die jetzige Chance ist einmalig: Das Desaster der BayernLB muss für einen Neuanfang genutzt werden. Und zwar konsequent.

Thomas Fromm

Es gibt Bilder, zu denen braucht man keinen Text. Weil sie bereits alles aussagen, was zu sagen wäre. Ein solches Bild, das über den Zustand der Bayerischen Landesbank mehr sagte als sämtliche Bilanztabellen, lieferten BayernLB-Chef Michael Kemmer und seine Verwaltungsräte Erwin Huber und Siegfried Naser am Dienstagabend der Presse. Kemmer als sichtlich gestresster Banker, der versucht, trotz aller Katastrophenmeldungen die Haltung zu bewahren; Naser als Vertreter des bayerischen Sparkassenverbandes und Huber als Gerade-noch-Finanzminister bei einem seiner letzten großen Auftritte.

Drei blasse, müde Männer, die vor einem Milliarden-Scherbenhaufen stehen und, so hört man, inzwischen nicht nur auf der Bühne Sicherheitsabstand halten. Die seit Wochen für ein nur schwer durchschaubares Spiel mit vielen Zahlen stehen. Bei denen sich die Öffentlichkeit mal mehr, mal weniger informiert fühlt. Es wird um politisches Überleben, um Macht, und um die Gunst der Öffentlichkeit gekämpft - wenn es sein muss auch gegeneinander. Wer die Szene sah, ahnte: Die Landesbank hat nicht nur ein Milliardenproblem. Was sie vor allem braucht, ist eine neue, frische Identität. Allein schon wegen der vielen Mitarbeiter, die morgens ins Büro gehen und am Abend von ihren Freunden gefragt werden, was eigentlich los ist.

Was die BayernLB nun zunächst bekommen wird, ist eine Milliardenspritze vom Bund. Das sichert zwar das Überleben. Die eigentlichen Probleme aber werden nicht gelöst. Denn mit den Milliarden kommen aller Voraussicht nach auch neue Politiker, die bei der BayernLB mitreden wollen. Diesmal aus Berlin. Bei einer Bank, die in den vergangenen Jahren bei ihrer Umarmung durch die Politik beinahe erdrückt worden wäre, sind das keine guten Aussichten. Es sei denn, die Politik lernt dazu. Und bringt den Mut auf, ihre Milliardenhilfen mit Reformen zu verbinden.

Miserable Mit-Manager und Kontrolleure

Die Chance ist heute einmalig. Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit den Politikern in den Aufsichtsgremien geht es los. Die haben sich - und zwar längst nicht nur bei der BayernLB - in den vergangenen Jahren als miserable Mit-Manager und Kontrolleure erwiesen. Wer die hohe Kunst des politischen Spielchens beherrscht, hat noch längst nicht den nötigen Sachverstand, um komplexe internationale Geldgeschäfte wie die einer Landesbank zu prüfen. Die BayernLB ist dafür ein gutes Beispiel. Das bedeutet allerdings auch: Derjenige, für den die Zukunftsplanung für die BayernLB mit einer Fusion mit der Landesbank Baden-Württemberg endet, plant zu kurzfristig. Es wäre ein erster Schritt: Gelder würden gespart, der Steuerzahler entlastet. Aber das Hauptproblem bliebe bestehen - nur, dass dann bayerische und schwäbische Politiker gemeinsam Gremienpolitik betreiben würden.

Zweitens gehören jetzt die Geschäftsmodelle der Banken auf den Prüfstand. Wer heute oder in Zukunft immer noch meinen sollte, er könne als Landesbanker das große Rad auf den internationalen Finanzmärkten mitdrehen und dabei Milliarden verzocken, sollte sich fragen, ob er mit seinen Ambitionen beim richtigen Institut ist. Oder ob er vielleicht nicht doch lieber in die Privatwirtschaft wechseln sollte. Zu den Aufgaben von Landesbanken gehört vor allem die Wirtschaftsförderung in den Bundesländern - alles andere sprengt den Rahmen eines öffentlichen Instituts. Außer: Die Banken öffnen sich im großen Stil für privates Kapital. Drittens muss die Frage erlaubt sein, wie viele Landesbanken künftig notwendig sein werden. Fest steht: Es werden weitere Landesbanken an die Türen des Staates klopfen. Die WestLB, die Landesbank Baden-Württemberg und andere könnten schon morgen ebenfalls ihren Milliardenbedarf anmelden.

Ihnen allen sollte dann deutlich gemacht werden: Ja, es gibt Hilfen - aber der Preis dafür ist hoch. Einige Landesbanken könnten künftig mit ihrer Eigenständigkeit dafür bezahlen. Die Frage, wie viele Landesbanken Deutschland braucht, ist schon häufig gestellt worden. Die richtige Antwort lautet: mindestens eine, besser zwei, höchstens drei. Mehr ist nicht drin.

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SZ vom 23.10.2008/mel
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