Süddeutsche Zeitung

Bayer:Wurmfrei

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Bayer braucht Geld nach seinem Glyphosat-Deal. Jetzt verkauft der Chemiekonzern das Geschäft mit Tiergesundheit und will Schulden abbauen.

Von Elisabeth Dostert, Leverkusen

Früher als geplant hat Bayer Käufer für alle im Herbst zum Verkauf gestellten Unternehmensteile gefunden. Wie der Pharma- und Agrochemie-Konzern am Dienstag mitteilte, wird das börsennotierte US-Unternehmen Elanco Animal Health für 7,6 Milliarden Dollar das Geschäft mit Tiermedizin übernehmen. Bayer erhält 5,3 Milliarden Dollar in bar, den Rest in Elanco-Aktien, von denen sich die Leverkusener zu "gegebener Zeit" trennen wollen. Bayer braucht das Geld, um seine Schulden abzubauen. Infolge der Übernahme des US-Konzerns Monsanto für gut 63 Milliarden Dollar hatte sich die Nettofinanzverschuldung von Bayer zum Jahresende 2018 auf knapp 36 Milliarden Euro erhöht. Der Konzern steht unter Druck.

Zwar legte der Aktienkurs am Dienstag leicht zu. Über den Verkauf an Elanco war seit Wochen spekuliert worden und jede Erholung tut Bayer gut, denn unter der Übernahme von Monsanto hat der Aktienkurs in den vergangenen Monaten kräftig gelitten. Mit ihr hat sich der Konzern Risiken in Milliardenhöhe ausgesetzt. Allein in den USA wurden bis Mitte Juli etwa 18 400 Klagen gegen den Konzern im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichter Glyphosat eingereicht. Bislang hat Bayer alle Gerichtsverfahren in erster Instanz verloren. Ende Juni outete sich dann auch noch der US-Hedgefonds Elliott als Aktionär, hinter ihm steckt der aktivistische und bisweilen aggressive US-Investor Paul Singer. Sein Anteil liegt nur bei wenigen Prozent, seine Macht ist häufig ungleich größer.

Im Geschäftsjahr 2018 setzte Bayer mit Produkten für Nutz- und Haustiere 1,8 Milliarden Dollar um. Dazu zählen Mittel gegen Flöhe, Zecken und Würmer. Elanco mit gut drei Milliarden Dollar Umsatz entstand 2018 als Abspaltung des Pharmakonzerns Eli Lilly. Der Mitteilung von Dienstag zufolge entsteht durch den Zusammenschluss der weltweit zweitgrößte Anbieter auf dem Markt für Tiergesundheit. Marktführer ist der ebenfalls börsennotierte US-Konzern Zoetis mit 5,8 Milliarden Dollar Umsatz, er entstand 2013 als Abspaltung vom Pharmakonzern Pfizer. Eine gewichtige Rolle auf dem Markt für Tiergesundheit spielen auch das deutsche Familienunternehmen Boehringer Ingelheim und die Tiersparte des US-Konzerns Merck, der außerhalb Nordamerikas MSD firmiert.

"Diese Transaktion stärkt unseren Fokus als ein führendes Life-Science-Unternehmen."

Der Verkauf der Tierarzneimittel ist die größte der im November von Bayer angekündigten Transaktionen. Sonnenschutzprodukte der Marke Coppertone gingen im Mai für 55o Millionen Dollar an den Nivea-Hersteller Beiersdorf, Fußpflegeprodukte der Marke Dr. Scholl's landeten im Juli für 585 Millionen Dollar beim US-Finanzinvestor Yellow Wood. Für seinen 60-prozentigen Anteil am Chemiepark-Betreiber Currenta nimmt Bayer 1,35 Milliarden Euro ein, er geht an den australischen Investor Macquarie. Sehr grob gerechnet trennt sich Bayer damit von insgesamt 3,5 Milliarden Euro Umsatz und etwa 10 000 Beschäftigten. In der Summe nimmt Bayer etwa 9,3 Milliarden Euro ein. Die endgültigen Werte stehen noch nicht fest, denn keiner der Transaktionen ist bislang vollzogen. Mit einem Abschluss des Verkaufs der Tiergesundheit rechnet Bayer Mitte 2020.

In der Mitteilung vom Dienstag äußerte sich Vorstandschef Werner Baumann zufrieden über die Trennung: "Diese Transaktion stärkt unseren Fokus als ein führendes Life-Science-Unternehmen." Seine Aufgabenliste ist nun etwas kürzer, aber immer noch lang. Im November hatte er auch angekündigt, bis 2021 insgesamt 12 000 Stellen streichen zu wollen, das ist jede zehnte Stelle, davon ein signifikanter Anteil in Deutschland. Damals versicherte der Vorstandschef, dass die "Effizienz- und Strukturmaßnahmen" nichts mit der Übernahme von Monsanto zu tun hätten. "Mit den Maßnahmen, die wir jetzt angehen, schaffen wir die Voraussetzung, um die Performance und Ertragskraft von Bayer nachhaltig zu steigern", warb Baumann für sein Sparprogramm. Das arbeitet er ab.

Die Konjunktur hilft ihm dabei wenig. Wie anderen Agrarchemiekonzernen machen Bayer Handelskonflikte und das Wetter zu schaffen. Bei der Vorlage der Halbjahreszahlen Ende Juli bestätigte Baumann zwar den Konzernausblick für das Gesamtjahr, die Ziele würden aber zunehmend ambitioniert.

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Quelle:
SZ vom 21.08.2019
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