Süddeutsche Zeitung

Bankenbelastungstest:Ein Gift namens Unsicherheit

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Stresstests für Banken haben einen großen Vorteil: Sie beugen verhängnisvollem Gerede vor. Der jetzige Test war schon ein guter Anfang, auf den aber noch viel folgen muss.

Alexander Hagelüken

Unsicherheit ist das Schlimmste an der Finanzkrise. Seit vor drei Jahren überall Banken ins Wanken gerieten, quält die Bürger immer wieder Unsicherheit. Wie faul sind amerikanische Immobilienkredite, welche Risiken stecken noch in den Bankbilanzen, wo wird die nächste Bombe detonieren?

Unsicherheit schockt die Anleger, sie treibt die Regierungen zu teuren Rettungen, sie lässt Firmen ihre Investitionen stoppen und Arbeitsplätze streichen. Sie ist ein Gift, das die Wirtschaft lähmt. Daher handelt die Politik richtig, wenn sie Unsicherheit über das Ausmaß der Krise zu beseitigen versucht. Daher war es gut, die größten europäischen Banken darauf zu testen, wie sie bei einer Rezession und einem Verfall von Staatspapieren dastehen.

Über die Veröffentlichung solch sensibler Daten wird in Europa stark gestritten. Die Herren der Geldhäuser haben sich lange dagegen gesperrt. Dabei sollten sie wissen, dass allgemeine Unsicherheit über ihre Lage größeren Schaden anrichten kann als die Offenlegung ihrer Schwierigkeiten. Die Wackelbanken wurden von den Regierungen bereits mit Steuergeld stabilisiert. Eine Publikation ihrer verbliebenen Probleme wird kein solches Erdbeben auslösen, wie es in den Monaten nach der Lehman-Pleite der Fall gewesen wäre.

Ja, es gibt trotz all der staatlichen Rettungsaktionen noch Gefahren im Bankensektor. Die Ergebnisse für die deutsche Hypo Real Estate und für manche Geldhäuser aus Spanien und Griechenland zeigen dies. Doch diese Gefahren wären genauso groß, wenn sie verschwiegen würden. Und dann käme noch die Unsicherheit dazu.

Die bisherigen Erfahrungen mit Stresstests sind ermutigend. Die amerikanische Regierung zwang die Banken vergangenes Jahr, ihre Kapitalkraft für den Fall eines Konjunkturschocks zu veröffentlichen. Es zeigte sich, dass die US-Geldhäuser zusätzlich 75 Milliarden Dollar brauchten. Sie mussten aber nicht wieder die Steuerzahler belasten, sondern bekamen das Geld meist von Investoren. Am Ende stand mehr Sicherheit für die Wirtschaft, mehr Zuversicht für Firmen und Arbeitnehmer.

Die europäischen Stresstests beweisen auch, dass einige Kreditinstitute mehr Geld benötigen. Ob die Probleme größer sind als von Anlegern erwartet, werden erst die Börsenreaktionen am kommenden Montag wirklich zeigen. Übers Wochenende haben die Regierungen Zeit, sich Maßnahmen zu überlegen. Künftig sollte es öffentliche Stresstests regelmäßig geben. Europas Regierungen müssen dabei die Schwächen des ersten Durchlaufs ausbessern.

Dazu kam es, weil Spanien so stark unter Druck kam, dass das Land unbedingt die Stabilität seiner Banken nachweisen wollte. Es wurde politisch um die Kriterien gefeilscht, was Fragen nach dem Wert der ganzen Übung aufwirft. Deshalb beseitigt dieser Stresstest weniger Unsicherheit, als es möglich gewesen wäre. Er ist ein Anfang, dem eine überzeugende Fortsetzung folgen muss.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2010
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