Süddeutsche Zeitung

Geschichte:Wie Banken und Staat schon immer um die Macht rangen

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Bei den Fusionsplänen von Deutscher Bank und Commerzbank redet der Staat ordentlich mit. Es gab Zeiten, da regierten Banken in den Staat hinein. Man denke an die Familien Fugger oder Medici.

Von Joachim Käppner

Glaubt man einem Gedicht von Justinus Kerner (1786 - 1862), dann müsste es wirklich stimmen, dass alles Geld der Welt nicht glücklich macht:

"Zu Augsburg in dem hohen Saal,

Herr Fugger hielt sein Hochzeitsmahl.

Kunigunde hieß die junge Braut,

Saß krank und bleich, gab keinen Laut.

Zwölf goldne Becher gingen herum,

Nichts trank Herr Fugger, so bleich und stumm."

Aber das war wohl Fantasie. Der Name der Fugger stand und steht für Reichtum, Erfolg und Macht. Historisch ist ein Vergleich zu den Fusionsplänen zwischen Deutscher Bank und Commerzbank nicht ohne Reiz: Als Großaktionär des letzteren Geldhauses redet der Staat dabei ordentlich mit (und bei der Finanzkrise 2007 musste er den zuvor sehr selbstgefälligen Banken aus der Patsche helfen). Es gab aber auch Zeiten, da regierten die Banken in den Staat hinein, auch dafür steht der Name Fugger.

Jakob Fugger (1459 - 1525), genannt "der Reiche" und wohl 1519 eindrucksvoll von Albrecht Dürer porträtiert, nahm sich im Wissen darum, dass Geld die Welt regiert und speziell sein Geld, gegenüber Karl V. einiges heraus: "Es ist auch wissentlich und liegt am Tage, dass Eure Kaiserliche Majestät die römische Krone ohne mein Zutun nicht hätte erlangen können . . .". Schon Maximilian I. (1459 - 1519) hatte sich abhängig vom Geld des Handelshauses Fugger gemacht; er gilt als "der letzte Ritter", der kühn und clever den Aufstieg des Hauses Habsburg zur Weltmacht sicherte; er war aber auch ein erbärmlicher Rechner, der ohne die gewaltigen Kredite der Fugger wenig bewirkt hätte.

Die Fugger sind bis heute für ihre Sozialbauten bekannt - das könnte ein Vorbild sein

Diese erhielten im Gegenzug Ländereien, Adelstitel und vor allem ökonomische Privilegien; bald trieben sie einträglichen Handel mit der Hanse, der Kirche und fremden Königshäusern, waren Herren des Bergbaus und sogar im weltweiten Sklavenhandel aktiv. Dem Reformator Martin Luther erschien die Geldmacht der Fugger unchristlich, er schimpfte 1520: "Man müsste wirklich dem Fugger und dergleichen Gesellschaft einen Zaum ins Maul legen." Aber wer hätte das gewagt?

Ihresgleichen fanden die Fugger im Haus der Medici in Florenz. Sie waren reich geworden durch den Orienthandel und ihre Beziehungen zum Papsttum, im 15. Jahrhundert brachten sie den mächtigen Stadtstaat Florenz auch unter ihre politische Kontrolle. Bei Agostino Chigi standen die Päpste und die Dogen von Venedig in (tiefer) Schuld. Unter der Herrschaft Lorenzo di Medicis ("der Prächtige") stieg Florenz zur höchsten Blüte auf. Als Mäzene förderten die Medici Künstler der Renaissance wie Botticelli und Michelangelo. Im 16. Jahrhundert sank der Stern des Hauses, das die Finanzpolitik ihrer Zeit prägte, aufgrund zu hoher Ausgaben und zu gewagter Spekulationen - ein Phänomen, das in der Gegenwart nicht unvertraut anmutet.

Die verbreitete Theorie übrigens, die Fugger hätten sich auf Kosten von Staat und Volk maßlos bereichert, sollte man heute mit Vorsicht betrachten. Viele ihrer Kredite sahen sie niemals wieder. Und sozial waren sie sehr engagiert. Die ab 1516 errichtete, noch heute bestehende schöne Fuggerei in Augsburg gilt als älteste Sozialsiedlung der Welt. Das müssen moderne Bankhäuser erst einmal nachmachen.

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SZ vom 05.04.2019
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