Süddeutsche Zeitung

Arbeiten im Alter:Frührentner dürfen mehr behalten

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Von Thomas Öchsner, Berlin

Arbeitnehmer sollen Rente und Arbeit künftig besser kombinieren können. Darauf haben sich Union und SPD nach mehr als einem Jahr Verhandlungen in einer Arbeitsgruppe geeinigt. Vor allem Frührentner, die sich ab 63 in den Ruhestand verabschieden und noch nebenbei arbeiten, werden dann mehr von ihren Altersbezügen haben.

Bislang gelten beim Hinzuverdienst sehr starre Regeln. Frührentner können nur bis zu 450 Euro im Monat kassieren, ohne dass dies ihre Altersgrenze schmälert. Gibt es einen Cent mehr, wird nur noch zwei Drittel der Rente ausgezahlt. Nur zwei Monate im Jahr darf der Hinzuverdienst auf 900 Euro steigen ohne negative Folgen für das Altersgeld. Diese Form der Teilrente wird deshalb kaum genutzt.

Künftig soll nach den Vorstellungen von Union und SPD eine Jahresgrenze gelten. Diese beläuft sich auf 6300 (14 x 450) Euro. Liegt der Verdienst darunter, wird nichts mit der Rente verrechnet. Oberhalb der 6300 Euro wird 40 Prozent des Zuverdiensts von der Rente abgezogen. Möglich ist dies aber nur bis zu einer Obergrenze des vorherigen Bruttogehalts. Herangezogen werden soll dabei das Jahr "mit dem höchsten Einkommen in den letzten 15 Kalenderjahren vor Rentenbeginn". Die Teilrente gibt es dann nicht mehr in drei Stufen, sie wäre frei wählbar.

Auch das Arbeiten über die Altersgrenze von derzeit 65 Jahren und vier Monaten soll attraktiver werden: Arbeitgeber sollen künftig in solchen Fällen keinen Beitrag mehr für die Arbeitslosenversicherung zahlen müssen. Der Arbeitslosenversicherung entgehen so Beiträge in Höhe von 80 Millionen Euro im Jahr. Das Vorhaben ist aber zunächst auf Wunsch der SPD auf fünf Jahre befristet. Die Unternehmen müssen für solche Beschäftigte aber wie bisher auch die Beiträge für die Rentenversicherung abführen. Das Neue dabei ist: Zahlt der Arbeitnehmer seinen Beitrag dazu, erhöhen diese beiden Beiträge seine Rente.

Außerdem wollen die Koalitionspolitiker die Rehabilitation stärken. Versicherte ab 45 Jahren können beim Medizinischen Dienst der Rentenversicherung ihre Gesundheitszustand durchchecken lassen. Dies wird jedoch zunächst nur in Modellregionen getestet. Karl Schiewerling, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion hofft, dass die neuen Regelungen bis zum 1. Juli 2016 in Kraft treten können. Das Ziel solle sein, "Menschen zu ermutigen, länger im Beruf zu bleiben", sagte er. Die SPD-Fachpolitikerin Katja Mast sagte, die Beschäftigten müssten "länger gut arbeiten" können. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann sprach von einem "Signal für längeres Arbeiten".

Markus Kurth, Rentenexperte der Grünen, gehen die Pläne hingegen nicht weit genug, weil sie nur einen kleinen Kreis von Arbeitnehmern erreichten. "Für die Gruppe der besonders belasteten Beschäftigten werden keine Angebote gemacht", sagte er. Der DGB kritisierte, der Wegfall des Arbeitslosenbeitrags bei 65-Jährigen ebne "den Weg für einen Billigarbeitsmarkt".

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Quelle:
SZ vom 11.11.2015
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