Süddeutsche Zeitung

Airbus:Unter Verdacht

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Vor zwei Jahren geriet über eine A380 über Grönland in Not: Ein Triebwerk war explodiert. Kürzlich wurde im Eis ein Trümmerteil geborgen.

Von Hans von der Hagen, München

Experten hatten zwei Jahre lang im Eis von Grönland gesucht, bis sie im Juni in vier Meter Tiefe fündig wurden. Dort lag der mächtige Motorbläser, englisch: Fan, eines A380-Triebwerks der Fluggesellschaft Air France, das 2017 über Grönland barst. Die Experten prüften nun einen möglichen Produktionsfehler an diesem Fan, sagten mit der Untersuchung vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Untersuchung der Trümmer hatte offenbar neue Hinweise darauf gegeben, an welcher Stelle das Triebwerk zerbrochen war.

Konkret geht es um die Antriebe der amerikanischen Engine Alliance, einem Gemeinschaftsunternehmen von General Electric und Pratt & Whitney, mit denen immerhin 152 A380-Flugzeuge unterwegs sind - also rund 60 Prozent aller Maschinen dieses Typs weltweit. Die Engine Alliance hat jetzt nach Angaben der französischen Untersuchungsbehörde eine Überprüfung der Triebwerke angekündigt. Die US-Luftfahrtbehörde FAA erließ bereits vor wenigen Tagen Anweisungen zur Überprüfung von A380-Triebwerken.

Zu den betroffenen Fluggesellschaften gehören neben Air France unter anderem Emirates, Qatar Airways, Etihad und Korean Air. Am Bau des Triebwerk-Typs ist auch die Münchner MTU Aero Engines beteiligt. Die übrigen A380-Flugzeuge nutzen Rolls-Royce-Trent-Triebwerke - sie sind nicht betroffenen. Die Explosion hatte sich bereits vor zwei Jahren im September bei dem Air-France-Flug von Paris nach Los Angeles mit mehr als 500 Passagieren an Bord ereignet. Obschon eine A380 auch mit drei Triebwerken sicher fliegen kann, muss die Lage beunruhigend gewesen sein. Auf später veröffentlichten Aufnahmen ist zu hören, wie die Besatzung beim Absetzen des Notrufes von "Mayday" spricht. Eine Passagierin des Fluges AF066 erzählte später dem kanadischen Rundfunk, die Explosion habe sich so angefühlt, als sei die Maschine in fast 11 000 Meter Höhe mit einem Jeep zusammengestoßen. Der Flieger landete anschließend auf dem Flughafen Goose Bay im kanadischen Neufundland. Air France sprach anschließend von einem "schweren Schaden". Bilder zeigten das zerfetzte Triebwerk des Flugzeugs: Die Vorderseite fehlte komplett. Schon bald konzentrierten sich die Ermittlungen dann auf den Fan aus Titan. Unklar ist nun wohl noch, ob die Flugzeuge bereits vor den regulären Wartungsterminen außer Betrieb genommen werden müssen. Auf jeden Fall dürften etwaige Reparaturen teuer werden. Experten zufolge ist es schwierig, die Titanlegierungen auf Fehler am Metall zu untersuchen. Die Kosten für Inspektion und den möglichen Ersatz von Teilen summieren sich nach Schätzung der FAA auf bis zu 800 000 Dollar je Triebwerk.

Die Fluggesellschaften trifft der Ärger mit der A380 zur Unzeit. Airbus hatte im März angekündigt, dass das A380-Programm mangels Nachfrage eingestellt werde. Die Unternehmen haben nun kein Interesse mehr, nennenswerte Mittel in die Maschinen zu investieren - viele mustern sie nun aus.

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Quelle:
SZ vom 23.08.2019
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