Süddeutsche Zeitung

Abgasaffäre:Gericht ließ Ex-Audi-Manager observieren

Lesezeit: 2 min

Von Klaus Ott, München

In der Abgasaffäre bei Volkswagen hat die deutsche Justiz erstmals einen verdächtigen Ex-Manager observieren lassen. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR erließ das Amtsgericht München am 27. Juni dieses Jahres eine entsprechende Anordnung. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II wurden Bildaufnahmen des früheren VW- und Audi-Managers Wolfgang Hatz und der Einsatz besonderer, für Observationszwecke bestimmter technischer Mittel verfügt. Selbst bei großen Wirtschaftsaffären ist das die Ausnahme.

Hatz war am 26. Juni 2018 nach neun Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Er hatte wegen des Verdachts, die Ermittlungen behindern zu wollen, im Gefängnis gesessen. Bei seiner Freilassung musste er drei Millionen Euro Kaution zahlen. Außerdem verfügte die Justiz, dass Hatz keinen Kontakt zu Mitbeschuldigten oder Zeugen in der Abgasaffäre aufnehmen dürfe. Anschließend wollte die Staatsanwaltschaft offenbar kontrollieren, ob sich Hatz daran halten oder ob er sich mit Ex-Kollegen treffen würde, um etwa Aussagen abzusprechen. Im Gerichtsbeschluss für seine Überwachung ist von einer längerfristigen Observation die Rede, die drei Monate dauern sollte, also bis Ende September.

Hatz hatte bei Volkswagen und den VW-Töchtern Audi und Porsche Karriere gemacht. Zuletzt war er Entwicklungsvorstand von Porsche gewesen. Die Staatsanwaltschaft München II verdächtigt ihn, als Chef der Aggregate-Entwicklung bei Audi in die Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen verwickelt gewesen zu sein. Autos mit hohem Schadstoffausstoß seien den Kunden als umweltfreundliche Fahrzeuge verkauft worden, das sei Betrug gewesen. Hatz bestreitet alle Vorwürfe. Seine Verteidiger wollten sich auf Anfrage nicht zu der Observation äußern.

Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt im Fall Audi gegen 20 Beschuldigte. Unter den Anwälten, die diese Verdächtigen verteidigen, ist die Observation von Hatz bekannt, sie wird als "völlig überzogen" bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft gehe bei ihren Ermittlungen zu weit. Weder die Pressestelle der Münchner Justiz noch die Staatsanwaltschaft wollten sich auf Anfrage zu der Observation des Ex-Managers äußern.

Das Amtsgericht hatte bei Hatz die Überwachung und Aufzeichnung des Telekommunikationsverkehrs und von verschlüsselten Nachrichten erlaubt. Zudem sollten Bewegungsdaten von Mobilfunkgeräten in Echtzeit, also sein jeweiliger Aufenthaltsort ermittelt werden. Am 27. Juni bat die Staatsanwaltschaft München II das bayerische Landeskriminalamt, die TKÜ gegen Hatz anzuschalten. TKÜ steht für Telekommunikationsüberwachung. Im Lauf ihrer Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft München II die Telefonate von acht Managern und Beschäftigten von Audi abgehört, darunter vier damals aktive oder frühere Vorstandsmitglieder, bis hin zum langjährigen Audi-Chef Rupert Stadler. Eine umfassende Observation gab es aber offenbar nur bei Hatz.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4166140
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.10.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.