Süddeutsche Zeitung

Wohnungseinrichtung:Das ist kein Fernseher, das ist Kunst

Lesezeit: 2 min

Seit Geräte immer größer werden, sind sie in vielen Wohnzimmern ein ästhetisches Problem. Doch jetzt gibt es eine Lösung.

Von Gerhard Matzig

Wenn man das richtig verstanden hat, dann wurde das Opfer im letzten "Tatort", ein schöner Mann, in der Badewanne ertränkt. Gut, soll schon mal vorkommen. Aber in diesem Fall wurde, wenn man auch dies richtig verstanden hat, aus dem Badewannensex in Form von "Cunnilingus" ein Sex in Form von "Facesitting" und schließlich ein Mord. Verübt von einer gut aussehenden Frau, die sich ebenfalls in der Badewanne befand und möglicherweise irgendwie unzufrieden war mit dem Mann. Das Ergebnis ist so oder so unschön.

Sehr viel schöner als das Bemühen der "Tatort"-Autoren um ein immer noch lustigeres Lebensende ist die Möglichkeit, den nassen Toten mit der Fernbedienung abzuschalten. Bislang hat man ja eher zögerlich zum finalen Rettungs-"Off" gegriffen - auch wenn man sich auf dem Sofa krümmte vor Verlegenheit angesichts der Hervorbringungen des Fernsehens. Das Zögern verdankt sich dem Umstand, dass ein TV-Gerät, das aus ist, einen mit seiner schwarzen Mattscheibe tatsächlich matt und traurig anguckt. Es ist dann also Sonntag, noch nicht mal zehn Uhr abends, und man starrt deprimiert in ein dunkles Loch, während man sich fragt, ob der Cunnilingusmord möglicherweise ein "Me Too"-Debattenbeitrag sein könnte oder einem etwas über die Menschen im Norden des Landes verrät, was man lieber nicht gewusst hätte.

Seitdem Fernseher so groß sind wie Billardtische und nicht mehr in Schränken stehen, sondern an Wänden hängen, sind die schwarzen Löcher in Wohnzimmern ein ästhetisches Problem. Eine mögliche Rettung heißt "The Frame": Rahmen.

Das ist ein TV-Gerät von Samsung, in Deutschland seit ein paar Monaten auf dem Markt, das außer "an" und "aus" auch den "Art"-Modus kennt. Der Hersteller verspricht: "Mit The Frame machen Sie Ihr Zuhause zu Ihrer privaten Galerie. Im Art Mode genießen Sie Kunst oder Ihre schönsten Erinnerungen." Das Gerät sieht daher aus wie ein "hochwertiger Bilderrahmen". Wobei es den Rahmen in den Varianten "Holzdesign", etwa Walnuss, oder "Metall" (weiß oder porzellanblau) gibt. Man kann ihn an die Wand hängen oder auf eine Art Staffelei stellen.

"Für eine noch stärkere Galerie-Anmutung" sorgt die "Invisible Connection". Sprich: Das Kabel ist immer noch ein Kabel - wenn auch ein "transparent optisches Kabel". Jedenfalls bietet "The Frame eine geeignete Fläche für große Kunst".

Man kann zwischen 100 Werken von 37 Künstlern wählen, von "Action" bis "Wildlife"

Man kann darin durchaus eine echte Alternative zum Fernsehen erkennen, wobei das Gerät, das je nach Diagonale (von 43 bis 65 Zoll) zwischen 1299 und 2999 Euro kostet, auch Zugang zur "Samsung Collection" gewährt. Das sind "100 Werke von 37 namhaften Künstlern aus der ganzen Welt". Wählen kann man zwischen den Sujets "Landschaften", "Stilleben", "Urban abstract", "Action", "Architektur" oder auch "Wildlife". Im Wildleben-Bereich findet sich beispielsweise ein Foto von Scott Ramsay, auf dem vier Elefanten zu sehen sind. "Namibia Elephants", Fotokunst des Jahres 2014, kann man sich auch sehr gut als Fototapete vorstellen.

Mit anderen Worten: Eine Alternative zur Kunstsammlung von Samsung wäre vielleicht eine eigene Kunstsammlung. Aber, und das spricht jetzt doch für die Idee vom TV-Rahmen, so schön einfach und auch so ästhetisch überzeugend ließ sich nie zuvor ein Fernseher per Mimikry dem eigenen Zuhause anverwandeln. Wenn man um "The Frame" noch weitere, möglicherweise sogar echte Kunstwerke anordnet, etwa in Form der berühmten "Petersburger Hängung", also dicht neben und übereinander (der Begriff geht auf die üppig behängten Wände der Sankt Petersburger Eremitage zurück), dann kann das Miteinander von analogem Standbild und digitalem Bewegtbild reizvoll sein.

Waren die Fernsehgeräte erst schwere Möbel, drapiert wie Altäre des Daheimseins, plus Salzstangen, Stickerei und Käsewürfel, wurden daraus später die familiären Gottschalk-Lagerfeuer, um schließlich endgültig zur Flachware zu werden: zum Bild von einem Bild mit einem Bild. Kunst kommt ja nicht nur vom Können, sondern auch vom Gucken.

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Quelle:
SZ vom 03.03.2018
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