Hundekosmetik:Ein Hauch von Toto Chienelle
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Hunde stinken zuweilen sehr. Tierparfums sollen Abhilfe schaffen bei für den Halter unangenehmen Gerüchen. Aber warum sollten Tiere den Duft von Babypuder und Vanille mögen?
Von Claudia Fromme
Ein gesunder Hund riecht nach Hund. Leicht, wenn das Fell trocken ist. Stärker, wenn es nass ist. Das liegt an Mikroorganismen, die im Fell leben. Pfütze oder nasse Wiese lösen die Geruchsstoffe aus den Ausscheidungen der mikroskopisch kleinen Fellbewohner, beim Verdunsten legen sich die flüchtigen organischen Stoffe als Stinkwolke um das Tier. So weit, so normal.
Aber was ist schon normal, wenn ein Trend beim kalifornischen Coachella-Musikfestival (dem letzten vor Corona) war, sich nicht nur den eigenen Körper mit Glitzer einzupinseln, sondern hernach auch das baumelnde Skrotum seines Rüden?
Mensch und Hund sind seit Wochen auf sich zurückgeworfen, und die Tiere scheinen mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Man sieht jedenfalls neue Gassigesichter, Leckerli und Tierpflegeprodukte wandern häufiger ins Einkaufskörbchen. Hundeparfums sind in den USA ein Renner, dort leben etwa 90 Millionen Hunde (in Deutschland sind es neun Millionen), und dort ist auch das Epizentrum des Dog Cologne.
Viel Wind machen die Produkte von Pawfume ("Make your dog smell and feel like a celebrity"), wirklich edel ist Sexy Beast aus New York ("A small spritz for dog. A giant spritz for dogkind"). Das erste kostet etwa 10 Euro für 100 Milliliter, das zweite 50 Euro, irgendwo dazwischen liegen die Preise der meisten Hundedüfte. Nach Vanille, Zitrone und Sandelholz riechen viele, manche nach Lavendel und Patschuli. Peach Bum soll ausdünstenden läufigen Hundedamen einen Pfirsichpopo bescheren, für müffelnde Rüden gibt es Paw Homme mit erdigen Noten. Der Klassiker ist Oh my dog!, kreiert von Bernard Ellena, der auch für Versace und Jil Sander Parfums entworfen hat. Bei den Herstellern sind offenbar große Namensschmiede am Werk, anbei eine Auswahl: Toto Chienelle, Issey M'Yappie, Pooch D'Été (limitierter Sommerduft), Kennel No.5, Wet Kiss, Isle of Dogs, Stinkbomb. Der Hersteller von Pet Cologne (Duftnote Babypuder) wirbt folgendermaßen: "Lassen Sie ihr Tier wie ein Baby riechen". Und es steht da noch: "Empfohlen vom Veterinär".
Wenn überhaupt, dann richtig
Ralf Mueller ist Leiter der Dermatologie am Zentrum für klinische Tiermedizin der LMU München. "Ein Hund ist nicht defizitär gebaut, man muss da nichts drauf sprühen", sagt der Veterinär. Es reiche vollkommen, die Tiere regelmäßig zu bürsten. Wenn sich ein Hund in Aas oder Exkrementen wälze, dann dürfe man ihn schon mit speziellen Hundeshampoos waschen. Selten angewendet schade auch ein Babyshampoo nicht, weil man es stark verdünne und der unterschiedliche pH-Wert von Mensch (5) und Hund (7,5) so keine große Rolle mehr spiele. Nur richtig waschen soll man. "Nicht drei, vier Minuten, sondern 20 bis 30 Minuten zuerst einshampoonieren und dann sorgfältig abspülen." Bei kurzen Waschaktionen werde der Ölfilm der Haut abgetragen und sie trockne aus. Wenn der Hund triefnass sei und die Haut das Wasser gespeichert habe und langsam wieder abgebe, passiere das nicht.
In seinen Sprechstunden hört er manchmal, dass Halter sagen: "Wissen Sie, der riecht so nach Hund." Das liegt in der Natur der Sache, findet Mueller. Tiere mit Duftölen einzusprühen, davon rät der Dermatologe ab. Das könne Allergien und Hautirritationen auslösen und die feine Nase stören.
Eine gestörte Nase kann zu mehr Kämpfen führen
Die Nase eines Hundes ist sehr fein, ein Schäferhund zum Beispiel hat 250 Millionen Riechzellen, der Mensch nur 30 Millionen. "Die Riechleistung eines Hundes ist 10 000 bis 100 000 Mal besser als die des Menschen", erklärt Juliane Bräuer. Sie ist Leiterin für Hundestudien am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena. Ein Hund könne nicht nur Sprengstoff und Drogen erschnüffeln, sondern auch Krebs oder Epilepsie. Was der Mensch als Spritzer Parfum erachte, könne für einen Hund sehr anstrengend sein, auch, weil er sich vor allem über den Geruchssinn orientiere.
Und es könnte sein Kommunikationsverhalten beeinflussen. "Wenn sich zwei Hunde treffen und einer riecht artfremd nach Babypuder, kann das möglicherweise die Kommunikation stören", sagt die Kognitionsforscherin. Man wisse das von kupierten Hunden. Deren gekürzter Schwanz oder beschnittene Ohren irritierten andere Hunde und führten dazu, dass die kupierten Tiere öfter in Kämpfe verwickelt sind.
Manche Menschen ziehen den Duft von Sandelholz dem von totem Hasen vor. Ist nachvollziehbar, wenn er mit im Bett liegt. Aber ein Hund ist ein Hund ist ein Hund. Darum wird er versuchen, einen für ihn unnatürlichen Geruch zu überdecken. Man muss ihn dafür nur kurz von der Leine lassen. Der Tierarzt Ralf Mueller sagt: "Wenn ein Hund die Wahl hätte, würde er wahrscheinlich eher Pferdeäpfel wählen als ein Hundeparfum."