Süddeutsche Zeitung

Stilkritik zur Ernährungsumstellung der Kanzlerin:Merkel konferiert nur noch mit Gemüse

Die Kanzlerin will in Konferenzen keine Kekse mehr in ihrer Nähe sehen, sondern nur noch Karotten und Paprika. Damit bringt sie die Union in Not, denn der gesunde Sitzungs-Snack lässt sich als Aufruf zur Disziplin verstehen.

Von Marten Rolff

Wer glaubt, Gemüse sei nicht politisch, sollte sich an den letzten August erinnern. Damals regten die Grünen einen Veggie Day in allen Kantinen an, allein der Vorschlag kostete sie auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl gefühlte fünf Prozent. Und so ist auch die Nachricht, die uns jetzt aus dem Präsidium der CDU erreicht, alles andere als eine Lappalie: Angela Merkel isst in Konferenzen nur noch Möhren, Paprika und, so berichtet die Gourmet-Instanz Bild: "kleine Porree-Lauchstangen".

Für die Grünen bedeutet das nur, dass nach dem Atom- auch der Fleischausstieg ein lupenreines Unionsthema ist. Für Merkels Mitstreiter ist die Lage ernster. Zwar hat die Kanzlerin lediglich anordnen lassen, Schnittchen und Kekse künftig für sie außer Reichweite zu platzieren, doch muss man das auch als subtilen Aufruf zur Disziplin verstehen, schließlich ist kaum ein Essen so symbolbefrachtet wie der Sitzungs- Snack.

Mettbrötchen kauen, während vorne die Weltklimadaten referiert werden? Geht nicht mehr. Schon nach einer halben Stunde Kabinettsklausur das Interesse auf die Schokomuffins richten? Das tun nur Menschen mit unkontrolliert schwankendem Energiehaushalt. Menschen wie Sigmar Gabriel. Mit der Leistungskurve der Kanzlerin - Merkel erhält derzeit für ihr frisches Aussehen ein Kompliment nach dem anderen - scheint es indes wieder mal ständig aufwärts zu gehen. Unterstützt nur von vier Stunden Schlaf und fünf Gemüseschnitzen. Die Karotte ist endgültig zum Politikum geworden.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2014
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