Süddeutsche Zeitung

Stilkritik:Der Strohhut

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un trägt einen luftigen Strohhut mit breiter Krempe. Damit liegt er im Trend. Und modisch in der Tradition großer Männer.

Von Christian Mayer

Kim Jong-un ist bisher noch nicht als modischer Trendsetter bekannt, aber irgendwie hat er bei seinem letzten öffentlichen Besuch in einer Lebensmittelfabrik einiges richtig gemacht. Der nordkoreanische Machthaber hatte zu diesem Zweck sein paramilitärisches Feldgrau-Ornat abgelegt und sich für ein helles, luftiges Kostüm entschieden: ein blütenweißes, den Diktatorenbauch umschmeichelndes Freizeithemd. Was dazu passt? Ein Strohhut mit breiter Krempe.

Kim Jong-un ist nicht allein: Auf deutschen Straßen, an italienischen Stränden, in spanischen Cafés sieht man den Strohhut diese Saison überall. Er ist ein treuer, luftiger Begleiter, wenn er nicht gerade vom Winde verweht wird; ideal für Menschen, die im sommerlichen Überschwang gerne etwas lässiger erscheinen wollen, als sie sind.

Auch H&M und Aldi führen die Billigvariante, aber es gibt auch anspruchsvollere Modelle, etwa ein vom französischen Modedesigner Simon Porte Jacquemus entworfener Riesenstrohhut, der die halbe Schulter bedeckt. Bequemer als eine Baseballkappe ist das allemal, und als stolzer Träger weiß man, was man aufhat: eine Kopfbedeckung mit Geschichte. Buster Keaton, Mustafa Kemal Atatürk, Ernest Hemingway, Winston Churchill und Erich Honecker verzichteten nur ungern auf ihre Lieblingskopfbedeckung. In jeder Lebens- und Weltlage kühlen Kopf bewahren: Sollte der Strohhut dazu einen winzigen Beitrag leisten, hat er seine Schuldigkeit getan.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2018
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