Süddeutsche Zeitung

Haustiere:Mein Haus, mein Auto, mein Raubkätzchen

Lesezeit: 3 min

Die exotisch aussehende Savannah-Katze ist derzeit schwer im Trend. Tierschützer sind entsetzt, entsteht sie doch aus einer quälerischen Zwangsverpaarung.

Von Marija Barišić

In einem Interview wurde der amerikanische Profiboxer Mike Tyson einmal gefragt, warum er auf seinem Anwesen bei Las Vegas drei Tiger als Haustiere hält. Tysons Antwort: Er habe sich in die Vorstellung verliebt, dieser eine Typ zu sein, der im Ferrari nach Hause fährt und dort von seinem ganz eigenen Tiger begrüßt wird. "Wow. That would be cool!", jubelte er. Etwas Ähnliches muss sich der Schauspieler Charlie Sheen vorgestellt haben, bevor er einen Grünen Wasserdrachen kaufte, eine große Echsenart. Oder Nicolas Cage, der sich einst zwei Königskobras und einen Oktopus ins Haus holte. Anders gesagt: Wer sich besonders fühlt, der braucht auch ein besonderes Haustier.

Das hat längst auch Justin Bieber begriffen. 2019 schaffte sich der amerikanische Pop-Star zwei Savannah-Katzen an, die auf den ersten Blick eher wie schlanke Mini-Leoparden aussehen: das Fell ockergelb mit schwarzen Flecken, die langen Ohren spitz nach oben gerichtet, der Gang elegant wie der einer schleichenden Raubkatze.

Und das ist die Savannah ja auch, irgendwie. Entstanden ist diese exotische Rasse durch eine Kreuzung zwischen der domestizierten Siamkatze und dem Serval, einer afrikanischen Wildkatzenart, die ihren natürlichen Lebensraum in der Savanne hat. Das lässt die Nachkommenschaft nicht nur besonders exotisch aussehen, sondern macht sie auch zu ziemlich teuren Tieren: Der Preis pro Savannah liegt irgendwo zwischen 1000 und 10 000 Euro. Für Stars wie Bieber ein Schnäppchen.

Das sogenannte Must have der Saison kommt durch eine Zwangsverpaarung zustande

Seinen zwei Lieblingen richtete der Sänger einen eigenen Instagram-Account ein: Kittysushiandtuna haben heute mehr als 390 000 Follower. Wenig später bejubelte das Lifestyle-Portal der Neuen Zürcher Zeitung das Tier als "Must have der Saison" und versprach: "Wenn Sie mit einer solchen Katze an der Leine durch die Zürcher Bahnhofstraße flanieren, erregen Sie mehr Aufsehen als mit der neuesten Handtasche eines Luxuslabels."

Dumm nur, dass Tierschutzverbände schon seit Jahren von der Haltung der Savannah-Katze abraten. Denn die Zwangsverpaarung ihrer Vorfahren ist vor allem für die Katzenmutter schmerzhaft, schließlich ist ein Serval etwa drei Mal so groß wie eine Siamkatze. Während der Penetration beißt er ihr in den Nacken, um einen Eisprung zu provozieren - eigentlich ein gewöhnlicher Vorgang zwischen Katern und Katzen. Der Nackenbiss eines Servals ist allerdings intensiver als der eines Hauskaters und kann für die Siamkatze tödlich enden, viele sterben schon während oder kurz nach dem Paarungsakt. In Ländern wie Australien ist die Haltung von Savannahs verboten, in Deutschland gelten die Nachkommen bis zur vierten Generation als Wildtiere, erst von der fünften an dürfen sie als Haustiere gehalten werden.

Dass exotische Tiere wie die Savannah gerade bei den Reichsten der Reichen so beliebt sind, ist kaum überraschend. Wer seit Jahrzehnten in einer Luxusvilla lebt, im Privatpool badet und mit aufgemotztem Auto durch die Gegend fährt, hat sich längst schon an das Außergewöhnliche gewöhnt und kann vom Leben nur mehr schwer überrascht werden. Von einer stinknormalen Hauskatze schon gar nicht. Da muss schon was Exotisches, was Gefährliches her! Etwas, das die Nerven kitzelt und ein bisschen Abwechslung ins öde, reiche Leben bringt. Dass das Tier leiden könnte? Egal. Es ist ja für den Besitzer da und nicht umgekehrt.

Unabhängig, stark, sexy - das wäre der Raubkatzenbesitzer selbst gerne

Ein wenig kann man die Stars aber auch verstehen. Nur mal angenommen, ein K.o.-Schläger wie Mike Tyson würde mit einer Allerweltshauskatze im Arm über sein Anwesen spazieren: Wäre das nicht furchtbar unpassend? Da eignet sich ein Tiger schon viel besser, um den eigenen Lifestyle zu dokumentieren - als symbolische Selbstergänzung sozusagen.

Hinzu kommt, dass ein Wildtier für so ziemlich alles steht, was der Mensch gerne wäre: unabhängig, stark, mächtig - und nebenbei auch noch sexy. Eigenschaften, die leider nur wenige für sich in Anspruch nehmen können. Da ist es leichter, sich ein Wildtier zuzulegen und zu hoffen, dass mindestens drei der vier Tugenden auf einen selbst überspringen. Ganz absurd ist das jedenfalls nicht: Forscher wollen herausgefunden haben, dass ein Zusammenleben von Mensch und Haustier dazu führt, dass die beiden sich zunehmend ähnlich sehen.

Müssen es aber unbedingt die Attribute der Savannah-Katze sein? Entschleunigung, Weisheit und ehrliche Falten sind in diesen woken Zeiten schließlich auch erstrebenswert. Herzlich willkommen, Landschildkröte!

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