Süddeutsche Zeitung

Haben und Sein:Happy im Herbst

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Nackte Ringe, Croissants als Lichtquelle und ein Parfüm, das nach Mumbai riechen soll: die Stil-News der Woche.

Von Anne Goebel, Julia Rothhaas, Max Scharnigg und Silke Wichert

Geradezu unerhört war dieses Schmuckstück, als es vor genau zwanzig Jahren das Licht der Vitrine erblickte: der "Nudo"-Ring von Pomellato. Auf Deutsch bedeutet der Name - siehe Nudismus - nämlich "nackt", und der wenig bekleidete, also kaum eingefasste Stein sollte das Genre neu erfinden. Statt des traditionellen Diamantrings wollte die italienische Manufaktur einen großen, farbenfrohen Solitär einführen, der mit einer besonderen Fassung wie über dem Finger zu schweben schien. Von Anfang an war der Nudo außerdem dazu gedacht, mit mehreren Ringen übereinander getragen zu werden. Früher undenkbar, heute ganz normales "Layering." Der Ring war nach seiner Einführung 2001 in Mailand sofort ausverkauft, mittlerweile ist er längst ein Klassiker, der langsam eine "nackte" Familie bekommen hat. Neben Ohrringen und Ketten gibt es den Nudo jetzt ganz neu als Armreif ( pomellato.com).

Soll uns das irgendetwas über die Wetteraussichten für diesen Herbst sagen, wenn Arket nun zum ersten Mal Regenzeug anbietet? Aber so verregnet wie der Sommer war, kann da in den nächsten Monaten ja eigentlich nicht mehr viel kommen, und die neuen Gummistiefel und Anoraks für Erwachsene wie Kinder sind auch nicht irgendwelche, sondern wurden in Kooperation mit der schwedischen Marke Tretorn entworfen. So etwas wie der Goldstandard unter den Regensachen, man kennt sich da oben eben aus mit rauem, feuchtem Wetter. Außerdem erfreulich: Während bei vielen Modellen immer noch PVC und schädliche Weichmacher verwendet werden, sind die Gummistiefel hier aus Naturkautschuk und Bio-Neopren gearbeitet, die Regenmäntel und -hüte werden aus wasserbasiertem Polyurethan hergestellt (Anorak 150 Euro, Gummistiefel 90 Euro, arket.com).

Ben Gorham, Gründer der schwedischen Beautymarke Byredo, pflegt sein Image als Außenseiter. Der ehemalige Profibasketballer und Absolvent der Stockholmer Kunstakademie gründete 2006 sein Unternehmen, das rasch zu einem der bekanntesten Labels für Nischendüfte wurde. In die Flakons mit dem schwarzen Knauf kommen natürlich nur extravagante Essenzen, die nach gespitztem Bleistift riechen ("Super Cedar") oder dem vanilligen Lederaroma alter Bücher ("Bibliothèque"). Als Gorham diesen Sommer eine Make-up-Linie lancierte, verpasste er den Lippenstift-Hüllen eine gekrümmte Form und dem knalligsten Rot den Namen "Divorce", also Scheidung. Neuer Streich: Das Parfum Mumbai Noise, inspiriert vom Duftgemisch der Megacity, von süßlichen Räucherstäbchen bis zum Kaffee der Straßenhändler - was ausnahmsweise mal keine Überraschung ist: Gorham hat eine indische Mutter (100ml, 190 Euro, byredo.com).

Tim Mälzer verbindet man bisher mit Hamburg, mit einer Küche, die so handfest ist wie sein Wortschatz, und seinen TV-Kochabenteuern in aller Welt. Ab diesem Winter wird sein Name aber auch Teil der Berliner Luxushotellerie sein. Denn mit dem "Chiaro" eröffnet das Hotel de Rome am Bebelplatz ein neues Restaurant unter der Schirmherrschaft von Tim Mälzer. Der Stil, den der selbsternannte Küchenbulle dafür entwickelt hat, soll eine italienisch-japanische Küche sein; auf der Speisekarte stehen im Chiaro dann etwa Katsu Sando - ein Beef Tatar mit Tramezzini und japanischer Tonkatsu-Soße, geräucherte Gnocchi oder Melone Toro mit Wasabi und Thunfischbauch. Cucina Italiana trifft auf Umami und Fernsehkoch - auf den ersten Blick ein eher ungewöhnliches Konzept für ein distinguiertes Rocco-Forte-Hotel, aber wie Tim Mälzer in einer Presseerklärung dazu sagt: "Wir haben nach der vergangenen und nervenaufreibenden Zeit einfach Bock, die Menschen mit etwas Neuem und Einzigartigem zu begeistern. " Nicht nur die Berliner sollen in den Genuss dieser neuen luxuriösen Lässigkeit kommen, die Hotelgruppe hat bereits angekündigt, nach dem Testlauf in Berlin das Chiaro-Konzept nächstes Jahr auch auf das "The Charles"-Hotel in München zu übertragen.

Niedlich? Diese schwärmerische Bezeichnung hörte man für Brot bisher selten, doch die Japanerin Yukiko Morita liebt es eben so sehr, dass sie es, nun ja, als niedlich bezeichnet. Was wiederum - auch jenseits des Welttag des Brotes am 16. Oktober - ein großes Glück ist, denn sonst würde es die Pampshades nicht geben. Die Lampen aus Baguettes, Brötchen und Croissants geben ein wunderbar warmes Licht ab und bestehen tatsächlich aus Mehl, Salz, Hefe! Zunächst werden die Backwaren "normal" gebacken, anschließend ausgehöhlt, mit Harz von innen und außen versiegelt, und mit einem LED-Lämpchen und Batterie oder Stecker versehen. So sollen sie ewig haltbar sein. Was auch der Grund ist, warum es die Pampshades (eine Kreation aus dem japanischen Begriff für Brot und dem englischen Wort für Lampenschirm) überhaupt gibt. "Ich konnte nicht mit ansehen, wie unverkauftes Brot einfach entsorgt wurde", so Morita über ihre Zeit als Verkäuferin in einer Bäckerei. Allein in Deutschland werden laut WWF etwa 1,7 Millionen Tonnen Backwaren jedes Jahr weggeschmissen. Aus gerettetem, altem Brot stellt die Japanerin ihre Lampen zwar nicht her, weggeschmissen wird aber nichts: Das Innere von Baguette und Croissant wird zu Quiche und Zwieback weiterverarbeitet. So bleibt die Hoffnung, dass man es sich mit einem Toastbrot an der Wand vielleicht zweimal überlegt, ob man das alte wegwirft oder doch noch Arme Ritter daraus macht. Die neueste Kreation von Frau Morita aus Kobe sind übrigens Uhren aus Naan-Fladen, die an die zerfließenden Uhren von Dalí erinnern sollen. Niedlich! (Croissant-Lampe 89 Euro, pampshade.de)

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