Süddeutsche Zeitung

Hitze bei Wimbledon:Pause nur für Frauen

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Regen sind Briten gewöhnt - aber was tun, wenn die Sonne brennt? Die Veranstalter in Wimbledon erlassen eilig eine merkwürdige Hitze-Regel.

Von Lisa Sonnabend, London

Jeden Morgen um kurz nach zehn Uhr ertönt in Wimbledon eine Durchsage. "Die Sicherheitskräfte öffnen nun die Tore", schallt es in bestimmendem Ton über die Anlage. "Bitte nicht rennen!" Doch nur wenige Minuten später knarzte am Dienstagmorgen erneut das Mikrofon. "Wir erwarten heute Temperaturen um die 30 Grad", sprach der Ansager. In seiner Stimme lag nun eine Dramatik, als stünde der Weltuntergang bevor.

Er ermahnte die Besucher, viel zu trinken, Hüte aufzusetzen, sich mit Sonnencreme einzuschmieren. Hitze und England, das passt so wenig zusammen wie Tennisrüpel Brad Gilbert und der höfliche Roger Federer. Schließlich schlagen sich die Veranstalter in Wimbledon sonst vornehmlich mit Regen herum. Seit Jahren gab es kein Wimbledon-Turnier, das nicht wegen Nässe unterbrochen werden musste. Die Bilder aus dem grauen London, wo eilig die Planen über den Rasen gezogen werden und die Zuschauer mürrisch unter ihren Regenschirmen hervorgucken, erscheinen so zuverlässlich im Fernsehprogramm wie die Mainzelmännchen.

Doch die Sonne bereitet nun fast mehr Probleme als sonst der Regen. Am Montagmorgen gaben die Turnierveranstalter eilig eine Mitteilung heraus, die überschrieben war mit: "The Heat-Rule." Die Hitze-Regel. Demnach dürfen die Frauen, ehe es zu einem dritten Satz kommt, eine zehnminütige Hitzepause einlegen. Die Männer dagegen müssen durchspielen, auch wenn es heiß wie in der Sahara wird und sie einen fünften Durchgang spielen müssen. Sieht so Gleichberechtigung aus? Die Briten haben gerade andere Probleme. Denn am Mittwoch und Donnerstag soll es noch heißer werden. Wetterexperten fürchten, dass der Rekord von 34,6 Grad aus dem Jahr 1976 übertroffen werden könnte.

Die Haut vieler Besucher ist schon jetzt so rot wie das Haar von Boris Becker. Die Schlange am Eisstand so lang wie The Queue, in der Tenisfans im Wimbledon-Park seit dem Morgengrauen für Tickets anstehen. Erdbeeren dagegen isst kaum einer, in der Hitze verderben sie einfach zu schnell. Ihre gebliebten Hüte setzen die Briten in diesem Jahr nicht aus modischen Gründen auf, sondern tragen sie, wie Soldaten ihre Helme: zum Schutz. Strohhüte, Kappen und notfalls ein Handtuch sind zu sehen statt Federkreationen oder auffälligen Krempen. Manche haben sogar aus Angst vor der Sonne Taschentücher über die Ohren geklemmt.

Doch dann spannen die Zuschauer am Nachmittag plötzlich wieder die Regenschirme auf. Es ziehen allerdings keine dunklen Wolken auf. Die Briten scheinen gemerkt zu haben, dass Schirme nicht nur gegen Tropfen, sondern auch wunderbar gegen Sonnenstrahlen schützen. Alles wie immer also im traditionsreichen Wimbledon.

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