Süddeutsche Zeitung

Zäher Bayern-Sieg gegen Wolfsburg:Gewürgt, nicht geglänzt

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Beim 1:0 gegen Wolfsburg stellt der FC Bayern fest, dass nicht jedes Mal Gala-Fußball möglich ist. Die Mauertaktik des VfL könnte zum Vorbild für weitere Gegner werden. Denn die Münchner taten sich schwer, kreative Ideen gegen den Wolfsburger Mischbeton zu entwicklen.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Die Feierwütigen in der Münchner Arena erhielten dann noch einen gut gemeinten Ratschlag vom Stadionsprecher des FC Bayern. Für die weitere Abendgestaltung solle man davon Abstand nehmen, es noch im Bierzelt zu versuchen. "Liebe Zuschauer, vergessen Sie's - auf der Wiesn ist alles geschlossen. Da geht nichts mehr", schallte es aus den Boxen. Dabei hätte es durchaus was zu feiern gegeben aus Sicht der Fans des Rekordmeisters.

Einen Sieg gegen den VfL Wolfsburg nämlich, auch wenn der nicht besonders glamourös zustande gekommen war. 1:0 (0:0) lautete das Ergebnis dieser recht zähen Veranstaltung - nur 1:0 mochten viele denken, sonst schicken die Bayern ihre armen Kontrahenten doch immer mit ein paar ordentlichen Watschn zurück auf die Autobahn. Soweit ist es gekommen. Die Münchner Elitekicker durchpflügen erfolgreich die Liga, sind seit epischen 32 Partien ungeschlagen und trotzdem lautete die Generalabrechnung diesmal: Ja mei, ein rechtes Gewürge war's.

"Klar hoffen die Leute immer auf eine Gala", sagte Thomas Müller beinahe entschuldigend, "aber die anderen können auch Fußball spielen." Und er lieferte gleich noch eine Begründung hinterher, warum es ausnahmsweise so schwierig war. "Wolfsburg spielt Mann gegen Mann über den ganzen Platz, da laufen einige über 14 Kilometer. Das macht es nicht einfach für uns." In der Tat hatte es lange keinen Gegner mehr gegeben, der in der Heimstätte des Champions-League-Siegers mit so viel Hingabe um jeden Ball gerannt war.

Einmal - es war ein seltener Offensivmoment der Gäste - sprintete Marcel Schäfer sogar bis in den Münchner Strafraum, in der Aussicht, eine weite Flanke ins Tor zu köpfeln. Doch ein dezenter Rempler von Bayerns Rafinha legte den VfL-Mann schließlich aufs Kreuz (60. Minute), Elfmeter gab es nicht. "Er hat keine Chance auf den Ball und ich bin in vollem Lauf. Da kommt man auch bei minimalen Berührungen ins Fallen", echauffierte sich Schäfer, als er die Szene im Fernsehen sah. Nicht ganz zu Unrecht, übrigens.

Es war nicht die einzige strittige Szene. Bereits in der ersten Hälfte hatte Bastian Schweinsteiger Wolfsburgs Spielmacher Diego mit beiden Händen in den Nacken geschlagen - über eine Rote Karte hätte sich der Münchner nicht beschweren können, er kam jedoch mit Gelb davon (26.). "Ich möchte keine Strafen für den Gegner fordern", ärgerte sich VfL-Manager Klaus Allofs, "aber da hat Schweinsteiger sehr viel Glück gehabt." Der Übeltäter selbst war da bereits kommentarlos in den Mannschaftsbus geschlichen.

Ach ja, richtig Fußball wurde auch noch gespielt, wenn auch nur von einer Mannschaft. Die Bayern versuchten viel, sie drängelten die Niedersachsen angetrieben vom ständig zwischen Abwehr und Angriff rochierenden Teilzeit-Libero Philipp Lahm nach hinten und kamen verdient zum Siegtreffer durch Müllers erstes (sic!) Saisontor (63.). Zuvor war der Ball über die eingewechselten Toni Kroos und Xherdan Shaqiri endlich einmal zielführend in die Spitze gespielt worden, ehe Franck Ribery geschickt nach innen passte.

Trotz dieses lichten Moments bleibt der Eindruck, dass Guardiolas Team ohne die kreativen Mario Götze (saß nach seiner Verletzung 90 Minuten draußen), Kroos oder Shaqiri in der Startelf nicht genügend Lösungen fand, um den Wolfsburger Mischbeton brüchig zu klopfen. Die Beteiligten selbst waren da naturgemäß anderer Meinung und verwiesen wie Torhüter Manuel Neuer auf Primärtugenden des Fußballs ("Haben viel investiert", "Arbeitssieg") - oder wie Verteidiger Dante auf die Grenzen der bayerischen Alles-Dominanz.

"So ein Spiel muss man einfach irgendwie gewinnen", erklärte der umsichtig agierende Brasilianer, "wir müssen akzeptieren, dass der Gegner gut organisiert war und wir nicht jedes Mal so viele Tore schießen können." So lautete dann auch die Quintessenz dieses Nachmittags: Die Bayern haben bewiesen, dass sie auch zähen Geduldsfußball drauf haben - und die Wolfsburger erbrachten der Liga eine gewisse Pionierleistung, indem sie zeigten, wie man in München nicht unter dem Watschnbaum landet.

Ob indessen doch noch ein paar unerschütterliche Stadionbesucher im Bierzelt gelandet sind, ist nicht überliefert.

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